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07.08.2013

Kein Genehmigungserfordernis bei nächtlicher Fixierung eines Kindes in offener Einrichtung

1. Die nächtliche Fixierung eines Kindes in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung ist keine genehmigungsbedürftige Unterbringungsmaßnahme iSd § 1631 b BGB.

2. Die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB gilt nur für volljährige Betreute und kann im Kindschaftsrecht nicht analog angewendet werden.

Beschluss des BGH vom 07.08.2013 − XII ZB 559/11 –

 

23.01.2013

Betreuerbestellung bei Ablehnung einer ärztlichen Behandlung

Kann der Betroffene auf Grund einer psychischen Erkrankung seine Angelegenheiten hinsichtlich der Aufgabenbereiche Gesundheitssorge und Heilbehandlung nicht selbst besorgen, so ist ihm hierfür grundsätzlich auch dann ein Betreuer zu bestellen, wenn er die notwendige Behandlung ablehnt.

Beschluss des BGH vom 23.01.2013 – XII ZB 395/12 -

 

04.09.2012

Inverkehrbringen nicht zugelassener Fertigarzneimittel und Listenpreisabrechnung - Münchener Apotheker-Fall

1. Ein in Deutschland nicht zugelassenes Fertigarzneimittel wird durch Hinzugabe von Kochsalzlösung, um eine Injektion vornehmen zu können, nicht zu einem zulassungsfreien Rezeptur­arzneimittel.

2. Für die Aufbereitung und Abgabe nicht zugelassener Medikamente besteht kein Honoraranspruch des Apothekers; damit kommt ein betrugsrelevanter Schaden in voller Höhe der von den Krankenkassen und privat versicherten Patienten zu Unrecht erstatteten Beträge in Betracht.

Urteil des BGH vom 04.09.2012  1 StR 534/11

 

29.05.2012

Vorrang der Nacherfüllung bei Vorliegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers

1. Im Arzthaftungsrecht muss nach fehlerhafter Behandlung der Patient den Arzt nicht zur Nacherfüllung auffordern, wenn er anschließend Schadensersatz und Schmerzensgeld von dem behandelnden Arzt wegen dessen Behandlungsfehler verlangt.

2. Der Eigenart des Arzt-Patienten-Verhältnisses und dem Inhalt der nach dem Behandlungsvertrag geschuldeten Leistung widerspräche es, wenn der Patient nach fehlerhafter Behandlung Nacherfüllung verlangen müsste

3. Dieses gesetzliche Erfordernis eines Nacherfüllungsverlangens (§ 281 BGB) kann nur für solche Schadensersatzpositionen relevant werden, die dem Komplex Schadensersatz statt Erfüllung zuzurechnen sind; das sind zum Beispiel Nachbehandlungskosten für eine wegen des Behandlungsfehlers notwendig gewordene Nachbehandlung.

4. Für den einfachen materiellen und immateriellen Schadensersatz nach §§ 280, 253, 280 Abs. 2 BGB ist eine Aufforderung zur Nacherfüllung entbehrlich. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass ein Nacherfüllungsanspruch nach Beendigung des Behandlungsvertrags (d. h. mit Erbringung der Hauptleistungen aus diesem Vertrag) nicht (mehr) besteht.

5. Ein Behandlungsabbruch seitens des Patienten (wegen verlorenen Vertrauens) ist dabei im Regelfall als Kündigung des ärztlichen Behandlungsvertrags anzusehen.

Urteil des OLG Jena vom 29.05.2012 - 4 U 549/11 -

 

07.03.2012

Betreuung trotz Vorsorgevollmacht

1. Eine Vorsorgevollmacht steht der Bestellung eines Betreuers dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 13. April 2011 -XII ZB 584/10 - FamRZ 2011, 964 Rn. 15 mwN).

2. Die Bestellung eines Betreuers muss verhältnismäßig sein, weshalb weniger einschneidende Maßnahmen nicht in Betracht kommen dürfen; dabei gilt der Grundsatz der Erforderlichkeit auch im Bereich der Vermögenssorge (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. Juli 2011 - XII ZB 80/11 - FamRZ 2011, 1391 Rn. 9).

3. Der Begriff "Aufgabenkreis" im Sinne des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt nicht aus, dem Betreuer gegebenenfalls nur eine einzige Angelegenheit zuzuweisen (BayObLG NJWE-FER 2001, 151).

Beschluss des BGH vom 07.03.2012 XII ZB 583/11 -

 

20.02.2013

Hypothetische Einwilligung in ärztlichen Heileingriff bei "Neulandmethode"

1. Die Grundsätze der hypothetischen Einwilligung gelten auch bei ärztlichen Eingriffen im Rahmen alternativer Behandlungsmethoden (hier: Leberzelltransplantation).

2. Zum Vorwurf des Betrugs gegenüber einer Krankenversicherung durch Behauptung der Abrechenbarkeit einer ärztlichen Leistung.

Urteil des BGH vom 20.02.2013 – 1 StR 320/12 –

 

07.02.2012

Ärztliche Aufklärungspflicht Kausalität einer Pflichtverletzung bei Unterlassung

1. Besteht die Pflichtverletzung in einer Unterlassung, ist diese für den Schaden nur dann kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt regelmäßig der Geschädigte.

2. Die haftungsbegrenzende Rechtsfigur des hypothetischen Kausalverlaufs bei rechtmäßigem Alternativverhalten kommt erst dann zum Tragen, wenn die Ursächlichkeit der durchgeführten rechtswidrigen Behandlung für den behaupteten Schaden festgestellt und mithin die Haftung grundsätzlich gegeben ist.

Urteil des BGH vom 07.02.2012 - VI ZR 63/11 -

 

25.01.2012

Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes

1. Zum Abrechnungsbetrug eines privatliquidierenden Arztes für nicht persönlich erbrachte Leistungen.

2. Ein Arzt, der ärztliche Leistungen als eigene abrechnen lässt (hier: tatsächlich nicht selbst erbrachte Speziallabor-, Osteopathie- und Akupunkturleistungen), behauptet nicht nur, zu deren Abrechnung berechtigt zu sein, sondern zumindest konkludent auch, dass die Voraussetzungen der den Abrechnungen zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften eingehalten sind; die zum Abrechnungsbetrug bei Vertragsärzten entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für privatliquidierende Ärzte.

3. Der Inhalt abrechnungsfähiger privatärztlicher Leistungen und deren taxmäßige Honororierbarkeit werden durch die Gebührenordnung für Ärzte abschließend bestimmt. Führt eine erbrachte Leistung mangels Abrechenbarkeit nicht zum Entstehen eines Zahlungsanspruchs, findet hinsichtlich der Frage eines Betrugsschadens eine saldierende Kompensation nicht statt.

Beschluss des BGH vom 25.01.2012 - 1 StR 45/11 -

 

11.01.2012

Konkurrenzschutz im "Ärztehaus" nach Gesetzesänderung Revisionszulassung im Teil- und Grundurteil unter anderem zur Mietminderung

1. Zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung bei einer mietvertraglich vereinbarten Konkurrenzschutzklausel.

2. Ist bei Mietvertragsabschluss bekannt, dass im Mietobjekt ("Ärztehaus") eine Praxis für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten betrieben wird, muss der Mieter, der ein "Optik- und Hörgerätegeschäft" betreiben will, bereits zu diesem Zeitpunkt damit rechnen, dass der dort praktizierende Facharzt sämtliche Leistungen erbringen wird, zu denen er berechtigt ist, und es insoweit zu Überschneidungen kommen kann, selbst wenn dies bei Vertragsabschluss mangels gesetzlicher Befugnis des Facharztes zur "Direktversorgung" seiner Patienten nicht weiter absehbar war. Denn in dieser Situation liegt es nahe, bei der Formulierung einer Konkurrenzschutzklausel nicht auf den Betrieb eines weiteren Optik- und Hörgerätefachgeschäfts abzustellen, sondern diejenigen Leistungen, für die dem Mieter Konkurrenzschutz gewährt wird, konkret zu benennen.

Urteil des BGH vom 11.01.2012 - XII ZR 40/10 -

 

08.12.2011

Krankenhausaufnahmevertrag: Einheitlicher Leistungsort am Ort des Krankenhauses

Bei einem Krankenhausaufnahmevertrag ergibt sich aus der Natur des Schuldverhältnisses i.S.d. § 269 Abs.1 BGB ein einheitlicher Leistungsort am Ort des Krankenhauses, der auch den Vergütungsanspruch des Krankenhauses umfasst. Deshalb ist das Gericht am Ort des Krankenhauses auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 5 Nr.1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr.44/2001 (Brüssel I-VO) für Vergütungsansprüche des Krankenhauses international zuständig.

Urteil des BGH vom 08.12.2011 – III ZR 114/11 -

 

25.10.2011

Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers

Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Urteil des BGH vom 25.10.2011 VI ZR 139/10 -

 

20.10.2011

Keine Garantenpflicht zur Verhinderung von Mobbing

Aus der Stellung als Betriebsinhaber bzw. Vorgesetzter kann sich eine Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter ergeben. Diese beschränkt sich indes – unabhängig von den tatsächlichen Umständen, die im Einzelfall für die Begründung der Garantenstellung maßgebend sind – auf die Verhinderung betriebsbezogener Straftaten und umfasst nicht solche Taten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner Tätigkeit im Betrieb begeht.

Urteil des BGH vom 20.10.2011 – 4 StR 71/11 –

 

11.10.2011

Ärztlicher Eingriff – hypothetische Einwilligung, Verbotsirrtum

1. Die Rechtswidrigkeit eines ohne Einwilligung des Patienten vorgenommenen ärztlichen Eingriffs entfällt, wenn der Patient bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in den tatsächlichen durchgeführten Eingriff eingewilligt hätte. Dass bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Einwilligung unterblieben wäre, ist dem Arzt nachzuweisen.

2. Zum Verbotsirrtum, wenn der Arzt das Fehlen des Einverständnisses für möglich, den Eingriff aber für zulässig hält, weil er medizinisch geboten ist.

Urteil des BGH vom 11.10.2011 – 1 StR 134/11 -

 

20.09.2011

Missachtung gesicherter medizinischer Erkenntnisse als grober Behandlungsfehler

Gesicherte medizinische Erkenntnisse, deren Missachtung einen Behandlungsfehler als grob erscheinen lassen kann, sind nicht nur die Erkenntnisse, die Eingang in Leitlinien, Richtlinien oder anderweitige ausdrückliche Handlungsanweisungen gefunden haben. Hierzu zählen vielmehr auch die elementaren medizinischen Grundregeln, die im jeweiligen Fachgebiet vorausgesetzt werden.

Urteil des BGH vom 20.09.2011 - VI ZR 55/09 -

 

13.09.2011

Voraussetzungen für eine Umkehr der Beweislast bei einfachem Befunderhebungsfehler

Ein einfacher Befunderhebungsfehler kann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befunds als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde.

Urteil des BGH vom 13.09.2011 - VI ZR 144/10 -

 

17.08.2011

§ 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB

1. Alkoholismus ist für sich gesehen keine psychische Krankheit bzw. geistige oder seelische Behinderung im Sinne von § 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB; ebenso wenig vermag die bloße Rückfallgefahr eine Anordnung der zivilrechtlichen Unterbringung zu rechtfertigen. Etwas anderes gilt, wenn der Alkoholismus entweder im ursächlichen Zusammenhang mit einem geistigen Gebrechen steht, insbesondere einer psychischen Erkrankung, oder ein auf den Alkoholmissbrauch zurückzuführender Zustand eingetreten ist, der das Ausmaß eines geistigen Gebrechens erreicht hat.

2. Nach der Herrschaft des Grundgesetzes steht es zwar in der Regel jedermann frei, Hilfe zurückzuweisen, sofern dadurch nicht Rechtsgüter anderer oder der Allgemeinheit in Mitleidenschaft gezogen werden; das setzt jedoch die Fähigkeit des Betroffenen voraus, einen freien Willen zu bilden (im Anschluss an BVerfGE 58, 208, 224 ff.).

Beschluss des BGH vom 17.08.2011 - XII ZB 241/11 –

 

07.07.2011

Unterlassung der Krankenhauseinweisung

1. Zur Strafbarkeit gemäß § 227 StGB und zum Tötungsvorsatz eines Schönheitschirurgen, der es vorübergehend unterlassen hat, seine wegen eines Aufklärungsmangels rechtswidrig operierte komatöse Patientin zur cerebralen Reanimation in ein Krankenhaus einzuweisen.

2. Das Vertuschungshandlungen entnommene Motiv, zum Schutz eigener Interessen eine Aufdeckung ärztlichen Fehlverhaltens zu verhindern, rechtfertigt nicht ohne Weiteres die Annahme des bedingten Tötungsvorsatzes.

3. Zur Bewertung ausgelassener Rettungschancen unter dem Gesichtspunkt eines versuchten Mordes durch Unterlassen.

Urteil des BGH vom 07.07.2011 - 5 StR 561/10 -

 

22.06.2011

Erlaubnispflicht nach Heilpraktikergesetz Synergetik-Methode

Unter die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilpraktikerG fallen nur solche Behandlungen, die gesundheitliche Schäden verursachen können. Bei dem Straftatbestand des § 5 HeilpraktikerG handelt es sich um ein potenzielles Gefährdungsdelikt, bei dem nur eine generelle Gefährlichkeit der konkreten Tat, nicht aber der Eintritt einer konkreten Gefahr zum Tatbestand gehört.

Urteil des BGH vom 22.06.2011 - 2 StR 580/10 -

 

09.06.2011

Vertrag über Pflegeleistungen

1. Bei einem Vertrag über ambulante pflegerische Leistungen, die als Sachleistungen gegenüber der Pflegeversicherung abgerechnet werden, ist die Vergütung nicht im Sinne des § 621 BGB nach Zeitabschnitten bemessen.

2. Der Vertrag eines nach den Bestimmungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch Pflegebedürftigen mit einer zugelassenen ambulanten Pflegeeinrichtung über ambulante pflegerische Leistungen ist ein Vertrag über Dienste höherer Art.

3. § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB XI regelt die Kündigung eines Vertrags über ambulante pflegerische Leistungen innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach dem ersten Pflegeeinsatz, ohne im Übrigen in die bestehenden Kündigungsregelungen des Dienstvertragsrechts einzugreifen.

4. Die von einem ambulanten Pflegedienst gestellte Geschäftsbedingung in einem Vertrag über ambulante pflegerische Leistungen, der Kunde könne den Pflegevertrag mit einer Frist von 14 Tagen ordentlich kündigen, benachteiligt den Pflegebedürftigen unangemessen und ist unwirksam.

Urteil des BGH vom 09.06.2011 - III ZR 203/10 -

 

07.06.2011

Befunderhebungsfehler und Beweislast

Bei einem einfachen Befunderhebungsfehler kommt eine Beweislastumkehr für die Frage des Ursachenzusammenhangs mit dem tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden auch dann in Betracht, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde, und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Hingegen ist nicht Voraussetzung für die Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten, dass die Verkennung des Befundes und das Unterlassen der gebotenen Therapie völlig unverständlich sind (Senatsurteil vom 29. September 2009 - VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 zum groben Befunderhebungsfehler).

Urteil des BGH vom 07.06.2011 - VI ZR 87/10 –

 

25.05.2011

Arglistanfechtung wegen verschwiegener Vorerkrankung

Eine zu weit gefasste und deshalb unwirksame Schweigepflicht­entbindung führt im Falle der Anfechtung wegen einer arglistigen Täuschung über verschwiegene Vorerkrankungen nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Arglistanfechtung des Versicherers, es ist vielmehr eine Abwägung zwischen den jeweiligen Rechtsverletzungen, deren Intensität und den verletzten Rechtsgütern vorzunehmen.

Beschluss des BGH vom 25.05.2011  IV ZR 191/09 –

 

17.05.2011

Aufklärung bei Schnittentbindung

Ist eine Schnittentbindung aufgrund besonderer Umstände relativ indiziert und ist sie deshalb eine echte Alternative zu einer vaginal-operativen Entbindung, besteht eine Pflicht zur Aufklärung der Mutter über die Möglichkeit der Schnittentbindung.

Urteil des BGH vom 17.05.2011 - VI ZR 69/10 –

 

13.04.2011

Vorsorgevollmacht

1. Eine vom Betroffenen erteilte Vorsorgevollmacht hindert die Bestellung eines Betreuers nur, wenn gegen die Wirksamkeit der Vollmachtserteilung keine Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2010 - XII ZB 165/10 - FamRZ 2011, 285 Rn. 11).

2. Eine Vorsorgevollmacht steht der Anordnung der Betreuung auch dann nicht entgegen, wenn der Bevollmächtigte als zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen nicht tauglich erscheint, namentlich erhebliche Zweifel an seiner Redlichkeit im Raum stehen. In diesem Fall genügt die Einsetzung eines Kontrollbetreuers gemäß § 1896 Abs. 3 BGB regelmäßig nicht.

Beschluss des BGH vom 13.04.2011 - XII ZB 584/10 –

 

29.03.2011

Vergütungsanspruch bei Kündigung

1. Bei einem (zahn-)ärztlichen Behandlungsvertrag setzt der Verlust des Vergütungsanspruchs wegen vertragswidrigen Verhaltens nach § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB nicht voraus, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB anzusehen ist.

2. Ein geringfügiges vertragswidriges Verhalten lässt die Pflicht, die bis zur Kündigung erbrachten Dienste zu vergüten, unberührt.

3. Ein (zahn-)ärztlicher Behandlungsfehler kann vertragswidriges Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB sein.

Urteil des BGH vom 29.03.2011 - VI ZR 133/10 -

 

24.03.2011

Vergütungsanspruch des Betreibers einer Internetplattform für Heil- und Kostenpläne

1. Zum Vergütungsanspruch des Betreibers einer Internetplattform, auf der Heil- und Kostenpläne von Patienten eingestellt werden und Zahnärzte Gegenangebote abgeben können (im Anschluss an BGH, NJW 2011, 2207).

2. Allein die Abgabe eines Angebots für einen Heil- und Kostenplan auf einer Internetplattform vor Untersuchung des Patienten und Abschluss eines Behandlungsvertrags stellt noch keine Verdrängung eines anderen Zahnarztes durch unlautere Handlungen dar.

3. Das Versprechen einer "Nutzungsgebühr" an den Betreiber einer Internetplattform in Höhe von 20% des Behandlungshonorars stellt keine Provisionszahlung an den Betreiber der Internetplattform dar.

4. Angesichts eines Behandlungshonorars, das sich auf etwa 300,00 Euro beläuft, ist eine Sittenwidrigkeit der vereinbarten Nutzungsgebühr wegen völlig unangemessener Höhe und einem groben Missverhältnis zu der zu erbringenden Leistung nicht gegeben.

Urteil des BGH vom 24.03.2011 III ZR 69/10

 

17.03.2011

Vertrag mit Minderjährigen über Anbringen einer Tätowierung

1. Der Vertragsschluss mit einer 17-Jährigen über die Anbringung einer Tätowierung ist wirksam, wenn sie die hierfür notwendigen Mittel aus einer eigenen und durch die Eltern genehmigten Tätigkeit verdient und frei zur Verfügung hat.

2. Die Anbringung einer Tätowierung an einer 17-Jährigen ist keine rechtswidrige Körperverletzung, wenn keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ihr die hierfür notwendige Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt.

Urteil des AG München vom 17.03.2011 - 213 C 917/11 -

 

16.02.2011

Pflicht zur Zeugnisverweigerung ohne Entbindung von der Schweigepflicht

Unter die Verschwiegenheitspflicht gem. § 43 a Abs. 2 BRAO fällt alles, was dem Rechtsanwalt in Ausübung seines Berufs bekannt geworden ist, ohne dass es darauf ankommt, von wem und auf welche Weise er sein Wissen erworben hat. Die Pflicht betrifft deshalb auch Zufallswissen, das im Rahmen beruflicher Tätigkeit erlangt worden ist.

Beschluss des BGH vom 16.02.2011 – IV ZB 23/09 -

 

13.01.2011

Empfehlung gesundheitlicher Leistungserbringer(innen)

Ärztinnen und Ärzten ist es untersagt, von sich aus einen bestimmten Erbringer/eine bestimmte Erbringerin gesundheitlicher Leistungen zu empfehlen.

Urteile des BGH vom 13.01.2011 – I ZR 111/08 und I ZR 112/08 -

 

22.12.2010

Ärztliche Aufklärung über Außenseitermethode - "Zitronensaftfall"

1. Zur erforderlichen Patientenaufklärung durch einen Chirurgen über dessen Absicht, bei einer Folgebehandlung, die wegen der Verwirklichung eines der Erstoperation typischerweise anhaftenden Risikos notwendig werden könnte, auch eine Außenseitermethode anzuwenden.

2. Für die ärztliche Hinweispflicht kommt es entscheidend nicht nur auf einen bestimmten Grad der Komplikationsdichte, sondern maßgeblich auch darauf an, ob das in Frage stehende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet; in solchen Fällen besteht zwischen einer ersten Operation und einer Folgebehandlung ein enger Zusammenhang, der die Aufklärung über die Risiken der späteren Therapie schon vor dem ersten Eingriff erfordert (hier verneint für den Fall einer Behandlung der Operationswunde unter anderem mit unsterilem Zitronensaft).

Urteil des BGH vom 22.12.2010 - 3 StR 239/10 -

 

21.12.2010

Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers vom Diagnoseirrtum

1. Den Arzt verpflichten auch die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt, die medizinisch nicht geboten waren, aber trotzdem beispielsweise aus besonderer Vorsicht veranlasst wurden.

2. Der für die Auswertung eines Befunds im konkreten Fall medizinisch verantwortliche Arzt hat all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss. Vor in diesem Sinne für ihn erkennbaren "Zufallsbefunden" darf er nicht die Augen verschließen.

3. Zur Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers vom Diagnoseirrtum.

Urteil des BGH vom 21.12.2010 - VI ZR 284/09 -

 

01.12.2010

Zweite Zahnarztmeinung

Ein Zahnarzt, der auf einer Internetplattform ein Gegenangebot zu dem Heil- und Kostenplan oder Kostenvoranschlag eines Kollegen abgibt, das der Patient dort eingestellt hat, verstößt weder gegen das berufsrechtliche Kollegialitätsgebot noch gegen das Verbot berufswidriger Werbung. Verpflichtet er sich, dem Betreiber der Internetplattform im Falle des Zustandekommens eines Behandlungsvertrags mit dem Patienten einen Teil seines Honorars als Entgelt für die Nutzung des virtuellen Marktplatzes abzugeben, liegt darin auch kein unzulässiges Versprechen eines Entgelts für die Zuweisung von Patienten. Dementsprechend handelt auch der Betreiber der Internetplattform nicht wettbewerbswidrig.

Urteil des BGH vom 01.12.2010 - I ZR 55/08 -

 

10.11.2010

Abbruch lebenserhaltender medizinischer Maßnahmen

Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung ist gerechtfertigt, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht und dazu dient, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen. Die Rechtfertigung des Behandlungsabbruchs bedarf der Beachtung der Voraussetzungen der §§ 1901a, 1901b BGB.

Urteil des BGH vom 10.11.2010 - 2 StR 320/10 -

 

19.10.2010

Keine ärztliche Haftung bei fehlender schuldhafter Pflichtverletzung

Ist dem behandelnden Arzt ein Risiko im Zeitpunkt der Behandlung noch nicht bekannt und musste es ihm auch nicht bekannt sein, etwa weil es nur in anderen Spezialgebieten der medizinischen Wissenschaft, aber nicht in seinem Fachgebiet diskutiert wird, entfällt die Haftung des Arztes mangels schuldhafter Pflichtverletzung.

Urteil des BGH vom 19.10.2010 – VI ZR 241/09 -

 

06.07.2010

Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht Querschnittlähmung nach PRT

1. Der Umstand, dass bei der konkreten Behandlung (hier: PRT) über eine Querschnittlähmung noch nicht berichtet worden ist, reicht nicht aus, dieses Risiko als lediglich theoretisches Risiko einzustufen und eine Aufklärungspflicht zu verneinen.

2. Liegen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen medizinische Fragen zu Grunde, muss der Richter mangels eigener Fachkenntnisse Unklarheiten und Zweifel bei den Bekundungen des Sachverständigen durch eine gezielte Befragung klären.

Urteil des BGH vom 06.07.2010 - VI ZR 198/09 -

 

06.07.2010

Strafbarkeit der Präimplantationsdiagnostik

Die nach extrakorporaler Befruchtung beabsichtigte Präimplantationsdiagnostik mittels Blastozystenbiopsie und anschließender Untersuchung der entnommenen pluripotenten Trophoblastzellen auf schwere genetische Schäden hin begründet keine Strafbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG. Deren Durchführung ist keine nach § 2 Abs. 1 ESchG strafbare Verwendung menschlicher Embryonen.

Urteil des BGH vom 06.07.2010 – 5 StR 386/09 -

 

25.06.2010

Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch

1. Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) ist gerechtfertigt, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspricht (§ 1901a BGB) und dazu dient, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen.

2. Ein Behandlungsabbruch kann sowohl durch Unterlassen als auch durch aktives Tun vorgenommen werden.

3. Gezielte Eingriffe in das Leben eines Menschen, die nicht in einem Zusammenhang mit dem Abbruch einer medizinischen Behandlung stehen, sind einer Rechtfertigung durch Einwilligung nicht zugänglich.

Urteil des BGH vom 25.06.2010 – 2 StR 454/09 -

 

15.06.2010

Ärztliche Aufklärung am Telefon

In einfach gelagerten Fällen kann der Arzt den Patienten grundsätzlich auch in einem telefonischen Gespräch über die Risiken eines bevorstehenden Eingriffs aufklären, wenn der Patient damit einverstanden ist.

Urteil des BGH vom 15.06.2010 - VI ZR 204/09 -

 

10.05.2010

Beschränkung der Einwilligung in ärztlichen Eingriff auf bestimmten Arzt –

Totaler Krankenhausaufnahmevertrag

Will ein Patient abweichend von den Grundsätzen des totalen Krankenhausaufnahmevertrags seine Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff auf einen bestimmten Arzt beschränken, muss er seinen entsprechenden Willen eindeutig zum Ausdruck bringen.

Urteil des BGH vom 10.05.2010 - VI ZR 252/08 -

 

14.01.2010

Vergütungsanspruch eines durch den behandelnden Arzt extern beauftragten Laborarztes

Beauftragt der behandelnde Arzt einen externen Laborarzt im Namen seines Privatpatienten mit einer humangenetischen Blutuntersuchung, die objektiv für eine medizinisch notwendige ärztliche Versorgung iSd § 11 Abs. 1 GOA nicht erforderlich ist, steht dem Laborarzt gegen den Patienten ein Vergütungsanspruch auch dann nicht zu, wenn der Laborarzt den ihm erteilten Auftrag fehlerfrei erfüllt und auf der Grundlage seines Kenntnisstands keine Veranlassung hatte, die Erforderlichkeit der Untersuchung in Zweifel zu ziehen.

Urteil des BGH vom 14.01.2010 – III ZR 188/09 -

 

17.12.2009

Notfallversorgung in Hessen

Die Wahrnehmung der rettungsdienstlichen Notfallversorgung ist in Hessen öffentlich-rechtlicher Natur, auch wenn sie von einer privatrechtlichen Organisation ausgeführt wird. Für Streitigkeiten über das Entgelt für die Notfallversorgung ist der Rechtsweg nicht zu den ordentlichen Gerichten, sondern zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.

Beschluss des BGH vom 17.12.2009 - III ZB 47/09 –

 

29.07.2009

Grenzen berufsrechtlich zulässiger Werbung (hier: Steuerberater)

1. Mittel der Aufmerksamkeitswerbung sind einem Steuerberater in einem Werbeschreiben, das insgesamt sachlicher Unterrichtung über die berufliche Tätigkeit dient, nur dann verboten, wenn sie Gemeinwohlbelange beeinträchtigen.

2. Es überschreitet den berufsrechtlich zulässigen Rahmen sachbezogener Werbung und verstößt gegen § 4 Nr. 11 UWG iVm § 57a StBerG, wenn in der Werbung eines Steuerberaters die Preiswürdigkeit und die fachliche Qualität der Leistung von Wettbewerbern in unlauterer Weise pauschal herabgesetzt werden.

Urteil des BGH vom 29.07.2009 - I ZR 77/07 -

 

09.07.2009

Augenarzt darf Patienten nicht unbeschränkt an bestimmten Optiker verweisen

Allein der Wunsch des Patienten, sämtliche Leistungen aus einer Hand zu erhalten, reicht nicht aus, um eine Verweisung an einen bestimmten Optiker sowie eine Abgabe und Anpassung der Brille durch den Augenarzt zu rechtfertigen.

Urteil des BGH vom 09.07.2009 - I ZR 13/07 -

 

16.06.2009

Arzthaftung bei mangelnder Mitwirkung des Patienten nach unzureichender Aufklärung

Die mangelnde Mitwirkung des Patienten an einer medizinisch gebotenen Behandlung schließt einen Behandlungsfehler nicht aus, wenn der Patient über das Risiko der Nichtbehandlung nicht ausreichend aufgeklärt worden ist.

Urteil des BGH vom 16.06.2009 – VI ZR 157/08 -

 

24.03.2009

Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht über siebenjähriges Kind

Normal entwickelten Kindern im Alten von siebeneinhalb Jahren ist im Allgemeinen das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht gestattet, wenn die Eltern sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen.

Urteil des BGH vom 24.03.2009 - VI ZR 199/08 -

 

24.03.2009

Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht über fünfjähriges Kind

Ein Aufsichtspflichtiger muss dafür sorgen, dass ein Kind im Alter von fünfeinhalb Jahren auf einem Spielplatz regelmäßigen Abständen von höchstens 30 Minuten kontrolliert wird.

Urteil des BGH vom 24.03.2009 – VI ZR 51/08 -

 

10.03.2009

Haftung des Notfallarztes als Verrichtungsgehilfe des niedergelassenen Arztes

Zur Frage der Haftung des zum Notfalldienst verpflichteten niedergelassenen Arztes, an dessen Stelle ein anderer Arzt tätig wird.

Urteil des BGH vom 10.03.2009 – VI ZR 39/08 -

 

05.02.2009

Mitwirkungspflichten des Psychotherapeuten im Insolvenzverfahren

Die Verpflichtung, dem Insolvenzverwalter die für die Durchsetzung privatärztlicher Honorarvereinbarungen erforderlichen Daten über die Person des Drittschuldners und die Forderungshöhe mitzuteilen, besteht auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Facharztes für Psychotherapie und Psychoanalyse.

Beschluss des BGH vom 05.02.2009 – IX ZB 85/08 –

 

18.11.2008

Hypothetische Einwilligung

Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung in einen diagnostischen Eingriff erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel. Ein erstinstanzlicher Prozessvortrag des Arztes, der Patient habe nach ordnungsgemäßer Aufklärung eingewilligt, erfasst das für die hypothetische Einwilligung erforderliche Vorbringen nicht.

Urteil des BGH vom 18.11.2008 - VI ZR 198/07 -

 

08.07.2008

Haftung des Gynäkologen wegen Schwangerschaft nach erfolgloser Sterilisation

1. Zur Haftung des Gynäkologen für den nach einer erfolglosen Tubensterilisation mittels Tubenligatur und streitiger Elektrokoagulation entstehenden Schaden.

2. Der Tatrichter hat allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen; insbesondere hat er Einwendungen einer Partei gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu berücksichtigen und die Pflicht, sich mit von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinander zu setzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergibt.

3. Die Partei ist im Arzthaftungsprozess berechtigt, ihre Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten zunächst ohne Hilfe eines privaten Sachverständigen vorzubringen. Es kann nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, wenn sie erst im zweiten Rechtszug ihren Angriff mit Hilfe eines Privatsachverständigen konkretisiert.

Urteil des BGH vom 08.07.2008 - VI ZR 259/06 -

 

09.06.2008

Gemeinschaftspraxis

Hat einer von mehreren Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft (hier: einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis von Gynäkologen) schuldhaft verursacht, dass die Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden konnte, kann dies im Rahmen des Gesamtschuldner-Innenausgleichs unter Heranziehung des Gedankens des § 254 BGB zu einer Alleinhaftung des schuldhaft handelnden Gesellschafters im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern führen (Bestätigung von Senatsurteil vom 15.10.2007 - II ZR 136/06, ZIP 2007, 2313 Tz. 25).

Beschluss des BGH vom 09.06.2008 - II ZR 268/07 –

 

09.06.2008

Verbot der Gebührenunterschreitung/Werbung mit Erfolgszahlen

1. (...)

2. Das Verbot der Werbung mit Erfolgszahlen ist im Hinblick auf Art. 12 GG eng auszulegen und erfasst nur Fälle, in denen durch die Erfolgsangabe eine Irreführung zu befürchten ist.

Beschluss des BGH vom 09.06.2008 – AnwSt (R) 5/05 -

 

27.05.2008

Internationale Zuständigkeit für Arzthaftungsklage

Verschreibt der Arzt in der Schweiz einem in Deutschlang wohnhaften Patienten Medikamente, die am Wohnort des Patienten zu schweren Nebenwirkungen führen, über die der Arzt den Patienten nicht aufgeklärt hat, so ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf deliktische Ansprüche gestützte Klage aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn eine ärztliche Heilbehandlung, die – mangels ausreichender Aufklärung – ohne wirksame Einwilligung des Patienten erfolgt, führt nur dann zur Haftung des Arztes, wenn sie einen Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat.

Urteil des BGH vom 27.05.2008 – VI ZR 69/07 –

 

06.05.2008

Sachverständiger im Arzthaftungsprozess

Im Arzthaftungsprozess hat das Gericht zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts i.d.R. einen Sachverständigen einzuschalten. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss der Tatrichter jedenfalls dann einholen, wenn ein im Wege des Urkundsbeweises verwertetes Gutachten nicht alle Fragen beantwortet.
Beschluss des BGH vom 06.05.2008 - VI ZR 250/07 -

 

30.04.2008

Kein genereller "Verbrauch" des väterlichen Familiennamens als Vorname des Kindes

1. Bei der Wahl eines Vornamens für ihr Kind sind die Eltern grundsätzlich frei; sie sind insbesondere nicht an einen Kanon herkömmlicher Vornamen gebunden. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind vielmehr allein dort Grenzen gesetzt, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl konkret zu beeinträchtigen droht.

2. Auch Namen, die – zumindest bisher – nur als Familiennamen gebräuchlich sind, sind nicht generell und ohne konkrete Beeinträchtigung des Kindeswohls als wählbare Vornamen ausgeschlossen. Eine solche Beeinträchtigung kann sich allerdings etwa dann ergeben, wenn der bislang nur als Familienname gebräuchliche Name nicht geeignet erscheint, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen (etwa: "Schmitz").

3. Eine konkrete, das heißt im Einzelfall nachvollziehbar zu erwartende Beeinträchtigung des Kindeswohls liegt nicht schon darin begründet, dass die Eltern für ihr Kind, das den Familiennamen der Mutter als Geburtsnamen führt, den aktuell geführten Familiennamen des Vaters ("Lütke") als weiteren Vornamen wählen. Einen generellen "Verbrauch" des väterlichen Familiennamens als Vorname des Kindes kennt das geltende Recht nicht.

Beschluss des BGH vom 30.04.2008 – XII ZB 5/08 -

 

22.04.2008

Unterbringung wegen schwerer Verletzung des neugeborenen Kindes

Zur Unterbringung der Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus, wenn nach einer schweren Körperverletzung ihres neugeborenen Kindes für die Gefährlichkeitsprognose die Frage zu beurteilen ist, ob bei einer erneuten Geburt wiederum die Gefahr einer erheblichen Schädigung des Kindes besteht.

Beschluss des BGH vom 22.04.2008 – 4 StR 136/08 -

 

31.01.2008

Behandlung eines Patienten in der geschlossenen Abteilung eines Landeskrankenhauses - Rechtsnatur

Es wird daran festgehalten, dass die Behandlung eines Patienten in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Landeskrankenhauses auch dann öffentlich-rechtlicher Natur ist, wenn sie im Einverständnis des Patienten und seines Betreuers und nicht etwa auf Grund einer hoheitlichen Unterbringung erfolgt. Grundlage für Schadensersatzansprüche aus Behandlungsfehlern ist daher die Amtshaftung und nicht etwa eine privatrechtliche Haftung wegen positiver Vertragsverletzung (Bestätigung der Senatsurteile BGHZ, 38, 49 = NJW 1963, 40 und NJW 1985, 677).

Beschluss des BGH vom 31.01.2008 – III ZR 186/06 -

 

23.01.2008

Keine Unterbringung zur Behandlung mit Medikamenten

Das Vormundschaftsgericht darf die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung nicht genehmigen, wenn die Freiheitsentziehung als solche nicht notwendig ist und die Genehmigung letztlich nur eine Rechtsgrundlage abgeben soll, den Betroffenen in einer offenen Abteilung der Einrichtung einer erforderlichen - auch zwangsweisen - Behandlung mit Medikamenten zu unterziehen.

Beschluss des BGH vom 23. Januar 2008 - XII ZB 185/07 -

 

20.12.2007

Körperverletzung mit Todesfolge durch Narkosearzt

Eine wirksame Einwilligung in einen ärztlichen Heileingriff liegt nicht vor, wenn der Narkosearzt eine angebrochene Flasche mit dem Narkosemittel Propofol wieder verwendet und sich damit wissentlich über anerkannte Regeln der Heilkunst hinwegsetzt. Die Narkose stellt in diesem Fall eine vorsätzliche Körperverletzungshandlung dar.

Beschluss des BGH vom 20.12.2007 – 1 StR 576/07 (LG Ellwangen)

 

20.12.2007

Zulässigkeit der Vertretung bei so genannter Chefarztbehandlung

1. Klauseln in einer formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarung, durch die die einem Wahlarzt obliegende Leistung im Fall seiner Verhinderung durch einen Vertreter erbracht werden darf, sind nur wirksam, wenn sie auf die Fälle beschränkt sind, in denen die Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht und wenn als Vertreter der namentlich benannte ständige ärztliche Vertreter i.S. der §§ 4 II 3 und 4, 5 V GOÄ bestimmt ist.

2. Wird eine Stellvertretervereinbarung im Wege der Individualabrede geschlossen, bestehen gegenüber dem Patienten besondere Aufklärungspflichten, bei deren Verletzung dem Honoraranspruch des Wahlarztes der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht.

3. Danach ist der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten und ihm das Angebot zu unterbreiten, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Weiter ist der Patient über die alternative Option zu unterrichten, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen. Ist die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes verschiebbar, ist dem Patienten auch dies zur Wahl zu stellen.

4. Die Vertretervereinbarung unterliegt der Schriftform.

Urteil es BGH vom 20. 12. 2007 - III ZR 144/07 -

 

02.11.2007

Rücktritt von Tötungsversuch; Abgrenzung von Tötung und Schwangerschaftsabbruch

1. Ein strafbefreiender Rücktritt von einem fehlgeschlagenen Tötungsversuch ist ausgeschlossen. Fehlgeschlagen ist der Versuch dann, wenn der Erfolgseintritt nach der letzten Ausführungshandlung im unmittelbaren Handlungsfortgang und mit nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr möglich ist und der Täter dies erkennt oder wenn der Täter den Erfolg subjektiv nicht mehr für möglich hält.

2. Wirkt der Täter auf die Leibesfrucht bereits vor der Geburt ein, tritt der tatbestandsmäßige Erfolg, der Tod des Kindes, aber erst nach dessen Geburt ein, so ist der Täter wegen eines Schwangerschaftsabbruch, nicht wegen eines Tötungsdelikts zu bestrafen, da maßgeblich für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des § 218 StGB einerseits und der Tötungsdelikt andererseits der Zeitpunkt ist, zu dem die auf die Herbeiführung des Erfolgs gerichtete Handlung des Täters auf das Opfer einwirkt.

Beschluss des BGH vom 02.11.2007 – 2 StR 336/07 -

 

08.11.2007

Höchstsatz der Regelspanne

Es stellt keinen Fehlgebrauch des Ermessens dar, wenn der Arzt persönlichärztliche und medizinisch-technische Leistungen durchschnittlicher Schwierigkeit mit dem jeweiligen Höchstsatz der Regelspanne, also dem 2,3fachen bzw. dem 1,8fachen des Gebührensatzes, abrechnet.

Urteil des BGH vom 08.11.2007 - III ZR 54/07 -

 

01.06.2007

Berufsverbot für einen Krankenpfleger

Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe iSv § 70 StGB liegt nur dann vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Dazu genügt ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf des Täters lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen, nicht. Die Strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit sein und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen.

Beschluss des BGH vom 01.06.2007 - 2 StR 182/07 -

 

22.05.2007

Sorgfaltsmaßstab bei Anwendung einer Außenseitermethode

1. Bei Anwendung einer Außenseitermethode ist grundsätzlich der Sorgfaltsmaßstab eines vorsichtigen Arztes entscheidend.

2. Zum Umfang der Aufklärungspflicht des Arztes bei Anwendung einer solchen Methode.

Urteil des BGH vom 22.05.2007 – VI ZR 35/06 -

 

17.04.2007

Ärztliche Aufklärungspflicht bei Änderung der bisherigen Medikation

1. Der Arzt hat den Patienten vor dem ersten Einsatz eines Medikaments, dessen Wirksamkeit in der konkreten Behandlungssituation zunächst erprobt werden soll, über dessen Risiken vollständig aufzuklären, damit der Patient entscheiden kann, ob er in die Erprobung überhaupt einwilligen oder ob er wegen der möglichen Nebenwirkungen darauf verzichten will.

2. Kann ein Patient zu der Frage, ob er bei zutreffender ärztlicher Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, nicht persönlich angehört werden (hier: wegen schwerer Hirnschäden), so hat das Gericht auf Grund einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob der Patient aus nachvollziehbaren Gründen in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten sein könnte.

Urteil des BGH vom 17.04.2007 – VI ZR 108/06 -

 

27.03.2007

Arzthaftung bei Behandlung mit in der Zulassungsphase befindlichem Medikament

1. Zur Arzthaftung wegen Behandlungs- und Aufklärungsfehlern im Zusammenhang mit einem Heilversuch mit einem neuen, erst im Laufe der Behandlung zugelassenen Arzneimittel.

2. Die Anwendung einer neuen Behandlungsmethode darf erfolgen, wenn die verantwortliche medizinische Abwägung und ein Vergleich der zu erwartenden Vorteile dieser Methode und ihrer abzusehenden und zu vermutenden Nachteile mit der standardgemäßen Behandlung unter Berücksichtigung des Wohls des Patienten die Anwendung der neuen Methode rechtfertigt.

3. Die verantwortungsvolle medizinische Abwägung erfordert einen im Verhältnis zur standardgemäßen Behandlung besonders sorgfältigen Vergleich zwischen den zu erwartenden Vorteilen und ihren abzusehenden oder zu vermutenden Nachteilen unter besonderer Berücksichtigung des Wohls des Patienten. Diese Abwägung ist kein einmaliger Vorgang bei Beginn der Behandlung, sondern muss jeweils erneut vorgenommen werden, sobald neue Erkenntnisse über mögliche Risiken und Nebenwirkungen vorliegen, über die sich der behandelnde Arzt ständig zu informieren hat. Dabei muss er unverzüglich Kontrolluntersuchungen vornehmen, wenn sich Risiken für den Patienten abzeichnen, die zwar nach Ursache, Art und Umfang noch nicht genau bekannt sind, jedoch bei ihrem Eintreten zu schweren Gesundheitsschäden führen können.

4. Der Arzt, der eine neue und noch nicht allgemein eingeführte Behandlung mit einem neuen, noch nicht zugelassenen Medikament mit ungeklärten Risiken anwenden will, hat den Patienten nicht nur über die noch fehlende Zulassung, sondern auch darüber aufzuklären, dass unbekannte Risiken derzeit nicht auszuschließen sind. Dies ist erforderlich, um den Patienten in die Lage zu versetzen, für sich sorgfältig abzuwägen, ob er sich nach der herkömmlichen Methode mit bekannten Risiken behandeln lassen möchte oder nach der neuen Methode unter besonderer Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Vorteile und der noch nicht in jeder Hinsicht bekannten Gefahren.

Urteil des BGH vom 27.03.2007 – VI ZR 55/05 -

 

20.03.2007

Haftung wegen Hygienemängeln in der Arztpraxis

1. (...)

2. Anders als im Bereich des ärztlichen Handelns, in dem grundsätzlich der Patient die Darlegungs- und Beweislast für einen von ihm behaupteten Behandlungsfehler sowie dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Gesundheitsschaden trägt, kommt bei der Verwirklichung von Risiken, die nicht vorrangig aus den Eigenheiten des menschlichen Organismus erwachsen, sondern durch den Klinikbetrieb oder die Arztpraxis gesetzt und durch sachgerechte Organisation und Koordinierung des Behandlungsgeschehensobjektiv voll beherrscht werden können (sog. voll beherrschbare Risiken), der Rechtsgedanke des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Tragen, wonach die Darlegungs- und Beweislast für Verschuldensfreiheit bei der Behandlungsseite liegt.

Urteil des BGH vom 20.03.2007 - VI ZR 158/06 -

 

01.03.2007

Werbung für Heilbehandlungen mit bildlichen Darstellungen von Personen

1. Für die Annahme, dass ein Verband eine i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG erhebliche Zahl von Unternehmern als Mitglieder hat, kommt es nicht darauf an, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichem Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem maßgeblichen Markt tätigen Unternehmern repräsentativ sind.

2. Der Tatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 4 HWG setzt voraus, dass die Werbung geeignet ist, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und dadurch zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken (Aufgabe von BGH, GRUR 2001, 453, 455 = NJW-RR 2001, 684 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum).

Urteil des BGH vom 01.03.2007 - I ZR 51/04 -

 

14.11.2006

Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrags zwischen Arzt und Patientin

1. In den Schutzbereich eines auf Schwangerschaftsverhütung gerichteten Vertrags zwischen Arzt und Patientin ist nicht nur ein ehelicher, sondern auch der jeweilige nichteheliche Partner einbezogen, der vom Fehlschlagen der Verhütung betroffen ist.

2. (...)

3. (...)

Urteil des BGH Vom 14.11.2006 - VI ZR 48/06 -

 

07.11.2006

Übertragung der Risikoaufklärung

Der Chefarzt, der die Risikoaufklärung eines Patienten einem nachgeordneten Arzt überträgt, muss darlegen, welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine ordnungsgemäße Aufklärung sicherzustellen und zu kontrollieren.

Urteil des BGH Vom 07.11.2006 - VI ZR 206/05 -

 

22.08.2006

Abrechnungsbetrug durch Kassenärzte

1. (...)

2. Bei Betrugsvorwürfen im Zusammenhang mit standardisierten, auf Massenerledigung angelegten Abrechnungsverfahren ist es nicht erforderlich, dass der jeweilige Mitarbeiter hinsichtlich jeder einzelnen geltend gemachten Position die positive Vorstellung hatte, sie sei der Höhe nach berechtigt; vielmehr genügt die stillschweigende Annahme, die ihm vorliegende Abrechnung sei insgesamt "in Ordnung". Daher setzt ein Irrtum nicht voraus, dass tatsächlich eine Überprüfung der Abrechnungen im Einzelfall durchgeführt wurde.

Urteil des BGH vom 22.08.2006 - 1 StR 547/05 -

 

06.07.2006

Laienwerbung für Gleitsichtgläser - Kunden werben Kunden

Nach Aufhebung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung folgt die Wettbewerbswidrigkeit des Einsatzes von Laien zur Werbung von Kunden auf Grund des gewandelten Verbraucherleitbilds nicht schon aus der Gewährung nicht unerheblicher Werbeprämien, sondern setzt das Vorliegen sonstiger die Unlauterkeit begründender Umstände voraus. Ein solcher Umstand kann darin liegen, dass sich die Werbung auf Waren oder Dienstleistungen bezieht, für die besondere Werbeverbote bestehen (hier: Verbot der Zuwendungen bei Heilmitteln).

Urteil des BGH vom 06.07.2006 - I ZR 145/03 -

 

13.06.2006

Schadensersatzklage nach Robodoc-Operation

1. (...)

2. Die Anwendung neuer Verfahren ist für den medizinischen Fortschritt zwar unerlässlich, am Patienten dürfen sie aber nur dann angewendet werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt. Der Patient muss in die Lage versetzt werden, für sich sorgfältig abzuwägen, ob er sich nach der herkömmlichen Methode mit bekannten Risiken operieren lassen möchte oder nach der neuen Methode unter besonderer Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Vorteile und der noch nicht in jeder Hinsicht bekannten Gefahren.

Urteil des BGH vom 13.06.2006 - VI ZR 323/04 -

 

14.03.2006

Aufklärung über seltene mit der Blutspende spezifisch verbundene Gefahren

1. Zum Umfang der Risikoaufklärung bei fremdnützigen Blutspenden.

2. Ein Arzt darf nicht als allgemein bekannt voraussetzen, dass die Beschädigung eines Nervs nach der Blutspende irreversibel sein und dauerhafte Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen nach sich ziehen kann. Eine wirksame Einwilligung erfordert deshalb einen Hinweis auf diese möglichen Folgen einer Nervverletzung.

Urteil des BGH vom 14.03.2006 – VI ZR 279/04 -

 

01.02.2006

Einwilligung des Betreuers in ärztliche Maßnahmen gegen den natürlichen Willen des Betreuten

1. Eine Vorlage an den BGH nach § 28 Abs. 2 FGG ist nur dann zulässig, wenn im Vorlagebeschluss hinreichend dargelegt wird, dass das vorlegende OLG bei Befolgung der Rechtsansicht, von der es abweichen will, eine andere als die von ihm beabsichtigte Endentscheidung treffen müsste.

2. Der Betreuer ist als gesetzlicher Vertreter des Betreuten grundsätzlich befugt, in ärztliche Maßnahmen auch gegen den natürlichen Willen eines im Rechtssinne einwilligungsunfähigen Betreuten einzuwilligen.

3. Im Rahmen einer genehmigten Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB umfasst diese Befugnis ausnahmsweise auch das Recht, erforderlichenfalls einen der ärztlichen Maßnahme entgegenstehenden Willen des Betreuten zu überwinden (Fortführung des Senatsbeschlusses BGHZ 145, 297 = NJW 2001, 888).

Beschluss des BGH vom 01.02.2006 – XII ZB 236/05 -

 

31.01.2006

Anforderungen an Darlegung der Voraussetzungen eines rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs

1. Wird im Arzthaftungsprozess der Ersatz von Unterhalt für ein Kind verlangt, weil wegen eines ärztlichen Fehlers ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation unterblieben sei, so erfordert die Prüfung der Voraussetzungen einer solchen Indikation die Prognose, ob aus damaliger Sicht von einer Gefährdung der Mutter iSd § 218 a Abs. 2 StGB auszugehen war und diese Gefahr nicht auf andere, für die Mutter zumutbare Weise hätte abgewendet werden können.

2. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen bedarf es keiner zusätzlichen Abwägung, die an den Grad der (zu erwartenden) Behinderung des Kindes und dessen Entwicklung nach der Geburt anknüpft.

Urteil des BGH vom 31.01.2006 - VI ZR 135/04 -

 

20.12.2005

Vertragspartner des in einer Krankenhausambulanz behandelten Kassenpatienten

1. Auch nach In-Kraft-Treten des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 ist Vertragspartner eines Kassenpatienten, der in einer Krankenhausambulanz behandelt wird, grundsätzlich der zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausarzt.

2. Werden in Räumlichkeiten des Krankenhauses durch angestellte Ärzte des Krankenhausträgers ambulante Operationen durchgeführt, ohne dass die behandelnden Ärzte oder der die Ambulanz betreibende Chefarzt zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt sind, haftet grundsätzlich der Krankenhausträger.

Urteil des BGH vom 20.12.2005 – VI ZR 180/04 -

 

13.09.2005

Hinzuziehung eines Arztes

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen groben Behandlungsfehler darin gesehen, dass die Hebamme nicht sofort einen Arzt hinzugezogen hat, obwohl sie Anzeichen für eine Gefahrensituation erkannt hatte (vgl. OLG Oldenburg, VersR 1997, 1236 mit NA-Beschluss des Senats vom 12. 11. 1996 - VI ZR 60/96 -). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob ein grober Behandlungsfehler aus mangelhafter Überwachung des CTG hergeleitet werden könnte (Streitwert: 250.000,00 €)

Beschluss des BGH vom 13.09.2005 - VI ZR 299/04 -

 

15.02.2005

Aufklärung bei Röteln

Die mit der Geburt eines durch eine Erkrankung der Mutter an Röteln schwer geschädigten Kindes verbundenen Belastungen sind nicht alleine deshalb Gegenstand des jeweiligen Behandlungsvertrages mit dem Hausarzt oder dessen niedergelassenem Urlaubsvertreter, weil die Mutter diese Ärzte zur Abklärung und Behandlung eines Hautausschlags aufgesucht und im Laufe der Behandlung ihre Schwangerschaft erwähnt hatte.

Urteil des BGH vom 15.02.2005 - VI ZR 196/03 -

 

07.12.2004

Pflichten der Betreiberin eines Geburtshauses

1. Zur Haftung des Betreibers eines Geburtshauses, in dessen Prospekt neben der Betreuung durch Hebammen auch ärztliche Leistungen in Aussicht gestellt werden.

2. Die Betreiberin eines Geburtshauses kann sich ebenso wie ein Krankenhausträger vertraglich gegenüber der Patientin verpflichten, die in Aussicht gestellten ärztlichen Leistungen durch einen weisungsfreien und ihr gegenüber fachlich weisungsberechtigten Erfüllungsgehilfen zu erbringen und im Übrigen organisatorisch für einen fachgerechten Ablauf der Geburtshilfe zu sorgen und einzustehen. (Leitsatz 2 von der Redaktion)

Urteil des BGH vom 07.12.2004 - VI ZR 212/03 -

 

12.10.2004

Haftung für Notarzt als Amtshaftung

1. Die Haftung für Behandlungsfehler eines Notarztes im Rettungsdiensteinsatz richtet sich in Bayern auch unter Geltung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vom 10.08.1990 (GVBl. S. 282) und vor Inkrafttreten des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23.07.1997 (BGBl. I S. 1520) nach Amtshaftungsgrundsätzen.

2. Passiv legitimiert für einen Amtshaftungsanspruch ist in diesen Fällen der Rettungszweckverband.

Urteil des BGH vom 12.10.2004 - III ZR 346/03 -

 

27.04.2004

Umkehr der objektiven Beweislast bei grobem Behandlungsfehler

Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahe legen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht.

Urteil des BGH vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 -

 

14.09.2004

Aufklärung bei Zwillingsschwangerschaft über Schnittentbindung

Bestehen bei einer Zwillingsschwangerschaft für Mutter und Kind im Falle eines Zuwartens erhebliche Risiken, so ist über die Alternative einer primären Schnittentbindung aufzuklären.

Urteil des BGH vom 14.09.2004 - VI ZR 186/03 -

 

27.04.2004

Umkehr der objektiven Beweislast bei grobem Behandlungsfehler

Ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, führt grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden. Dafür reicht aus, dass der grobe Behandlungsfehler geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; nahe legen oder wahrscheinlich machen muss der Fehler den Schaden hingegen nicht.

Urteil des BGH vom 27.04.2004 – VI ZR 34/03 -

 

25.11.2003

Mutterschaftsrichtlinien in Arzthaftungsprozess

1. Besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, ist der Erlass eines Teilurteils gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen (hier: Belegarzt und Träger des Belegkrankenhauses) unzulässig.

2. Kommt es im Arzthaftungsprozess auf den Inhalt der Mutterschaftsrichtlinien an, so hat das Gericht in geeigneter Weise zu klären, welche Fassung in dem für die Haftungsfrage maßgeblichen Zeitraum gegolten hat.

3. Zu der Frage, ob im Jahr 1990 eine werdende Mutter bei einem möglicherweise makrosomen Kind vom Arzt über die Möglichkeit einer Schnittentbindung aufzuklären war.

Urteil des BGH vom 25.11.2003 – VI ZR 8/03 -

 

09.10.2003

Werbung von Zahnärzten im Internet – Arztwerbung im Internet

1. Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer von einem Arzt in seinem Internetauftritt gemachten Mitteilung ist zu berücksichtigen, dass diese niemandem unverlangt als Werbung aufgedrängt, sondern nur von denjenigen Internetnutzern wahrgenommen wird, die an entsprechenden Informationen interessiert sind.

2. Die Mitteilung eines Arztes in seinem Internetauftritt, bestimmte Tätigkeitsgebiete stellten seine Praxisschwerpunkte dar, enthält nur die Angabe, er sei auf diesen Gebieten nachhaltig tätig und verfüge deshalb dort über besondere Erfahrungen. Eine Aussage über die Tätigkeitsgebiete und Erfahrungen anderer Ärzte ist damit nicht verbunden.

3. Die Mitteilung eines Arztes in seinem Internetauftritt, dass er bestimmte Tätigkeiten durchführt, ist nicht deshalb unrichtig, weil diese Tätigkeiten auch von nahezu jedem anderen Arzt in mehr oder weniger großem Umfang ausgeübt werden oder zumindest ausgeübt werden können.

4. Das vom werbenden Arzt zu beachtende Sachlichkeitsgebot verlangt von diesem nicht, sich auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken. Vielmehr ist, da darüber hinausgehende Angaben ebenfalls zu dem auch emotional geprägten Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient beitragen können, eine "Sympathiewerbung" zulässig, soweit durch sie nicht der Informationscharakter in den Hintergrund gedrängt wird.

Urteil des BGH vom 09.10.2003 – I ZR 167/01 -

 

15.07.2003

Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Prüfung der medizinischen Indikation

Für die Prüfung der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation iSd § 218 a Abs. 2 StGB für einen rechtsmäßigen Schwangerschaftsabbruch macht die „nach ärztlicher Erkenntnis“ gebotene Prognose regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich.

Urteil des BGH vom 15.07.2003 – VI ZR 203/02 -

 

08.04.2003

Pflicht zur Überwachung sedierter Patienten bei ambulanter Behandlung

Wird ein Patient bei einer ambulanten Behandlung so stark sediert, dass seine Tauglichkeit für den Straßenverkehr für einen längeren Zeitraum erheblich eingeschränkt ist, kann dies für den behandelnden Arzt die Verpflichtung begründen, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich der Patient nach der durchgeführten Behandlung nicht unbemerkt entfernt.

Urteil des BGH vom 08.04.2003 – VI ZR 265/02 -

 

01.04.2003

Qualifizierung ärztlicher Abtreibungen als "rechtswidrig" auf Handzetteln

Die auf Handzetteln öffentlich verbreitete Äußerung, in einer - namentlich benannten - gynäkologischen Praxis würden "rechtswidrige Abtreibungen" durchgeführt, kann gegen den betroffenen Arzt eine nicht hinnehmbare Prangerwirkung entfalten und deshalb gerichtlich untersagt werden. Dem steht nicht entgegen, dass Schwangerschaftsabbrüche, die nach der Beratungsregelung des § 218 a Abs. 1 StGB vorgenommen werden, nach der Rechtssprechung des BVerfG rechtswidrig sind.

Beschluss des BGH vom 01.04.2003 – VI ZR 366/02 -

 

18.03.2003

Keine Rechtfertigung eines medizinischen Eingriffs durch nachträglichen Befund

Ergeben nachträgliche Befunde eine Indikation für einen medizinischen Eingriff, der ohne wirksame Einwilligung vorgenommen wurde und deshalb rechtswidrig ist, rechtfertigt dieser Umstand regelmäßig den Eingriff nicht. Dies verbietet die Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit des Patienten, die nicht begrenzt werden darf durch das, was aus ärztlicher Sicht oder objektiv erforderlich und sinnvoll wäre.

Urteil des BGH vom 18.03.2003 – VI ZR 266/02 -

 

17.03.2003

Vormundschaftsgerichtliche Zustimmung bei Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen

1. Ist ein Patient einwilligungsunfähig und hat sein Grundleiden einen irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen, so müssen lebenserhaltende oder –verlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn dies seinem zuvor - etwa in Form einer so genannten Patientenverfügung - geäußerten Willen entspricht. Dies folgt aus der Würde des Menschen, die es gebietet, sein in einwilligungsfähigem Zustand ausgeübtes Selbstbestimmungsrecht auch dann noch zu respektieren, wenn er zu eigenverantwortlichem Entscheiden nicht mehr in der Lage ist. Nur wenn ein solcher erklärter Wille des Patienten nicht festgestellt werden kann, beurteilt sich die Zulässigkeit solcher Maßnahmen nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten, der dann individuell - also aus dessen Lebensentscheidungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen - zu ermitteln ist.

2. Ist für einen Patienten ein Betreuer bestellt, so hat dieser dem Patientenwillen gegenüber Arzt und Pflegepersonal in eigener rechtlicher Verantwortung und nach Maßgabe des § 1901 BGB Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Seine Einwilligung in eine ärztlicherseits angebotene lebenserhaltende oder -verlängernde Behandlung kann der Betreuer jedoch nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts wirksam verweigern. Für eine Einwilligung des Betreuers und eine Zustimmung des Vormundschaftsgerichts ist kein Raum, wenn ärztlicherseits eine solche Behandlung oder Weiterbehandlung nicht angeboten wird – sei es, dass sie von vornherein medizinisch nicht indiziert, nicht mehr sinnvoll oder aus sonstigen Gründen nicht möglich ist. Die Entscheidungszuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ergibt sich nicht aus einer analogen Anwendung des § 1904 BGB, sondern aus einem unabweisbaren Bedürfnis des Betreuungsrechts.

3. Zu den Voraussetzungen richterlicher Rechtsfortbildung.

Beschluss des BGH vom 17.03.2003 – XII ZB 2/03 -

 

14.12.2001

Unterhalt nach unterbliebenen Schwangerschaftsabbruch

Zu den Voraussetzungen, unter denen der Abbruch einer Zwillingsschwangerschaft aus den in § 218a Abs. 2 und Abs. 3 StGB a.F. geregelten Indikationstatbeständen hätte gerechtfertigt sein können, so dass das Unterbleiben des Eingriffs aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers Grundlage eines Anspruchs der Eltern auf Ersatz des Unterhaltsaufwands für eines der Kinder sein könnte, das mit Behinderungen zur Welt kam.

Urteil des BGH vom 04.12.2001 – VI ZR 213/00 –

 

13.02.2001

Objektivierter zivilrechtlicher Fahrlässigkeitsbegriff im Arzthaftungsrecht

Der behandelnde Arzt hat im Hinblick auf den auch im Arzthaftungsrecht maßgeblichen objektivierten zivilrechtlichen Fahrlässigkeitsbegriff i.S. des § 276 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich für sein dem medizinischen Standard zuwiderlaufendes Vorgehen auch dann haftungsrechtlich einzustehen, wenn dieses aus seiner persönlichen Lage heraus subjektiv als entschuldbar erscheinen mag.

Urteil des BGH vom 13.02.2001 – VI ZR 34/00 -

 

16.05.2000

Grob fehlerhaftes ärztliches Vorgehen bei Entbindung

1. Der Träger eines Belegkrankenhauses hat für die Fehler einer bei ihm angestellten Hebamme einzustehen, solange diese nicht wegen einer besonderen ärztlichen Weisungskompetenz oder der Übernahme der Geburtsleitung durch den Belegarzt diesem zugerechnet werden können.

2. Ist ein grober Fehler zur Herbeiführung eines Gesundheitsschadens geeignet, so kommt eine Einschränkung der sich hieraus ergebenden Beweislastumkehr unter dem Blickpunkt einer Vorschädigung des Patienten nur dann in Betracht, wenn - was zur Beweislast der Behandlungsseite steht - eine solche Vorschädigung festgestellt ist und gegenüber einer durch den groben Fehler bewirkten Mehrschädigung abgegrenzt werden kann.

3. Die Haftung nach den Grundsätzen zur Gemeinschaftspraxis (vgl. Senat, BGHZ 142, 126 NJW 1999, 2731 = LM H. 12/1999 § 278 BGB Nr. 138) besteht auch dann fort, wenn die Ärzte als Belegärzte im gleichen Krankenhaus tätig sind und die in der Praxis begonnene Behandlung dort fortgesetzt wird.

4. Wird bei der stationären Behandlung im Krankenhaus die belegärztliche Behandlung vom Urlaubsvertreter fortgesetzt, so ist dieser - wenn keine Gemeinschaftspraxis vorliegt - grundsätzlich Erfüllungsgehilfe des ursprünglich behandelnden Arztes (§ 278 BGB).

Urteil des BGH vom 16.05.2000 – VI ZR 321/98 -

 

15.02.2000

Aufklärung bei einer Routineimpfung

Hat sich gerade das Risiko verwirklicht, über das aufgeklärt werden musste und tatsächlich aufgeklärt worden ist, kann aus dem Eingriff keine Haftung hergeleitet werden, wenn der Patient in Kenntnis des verwirklichten Risikos seine Einwilligung erteilt hat.

BGH vom 15.02.2000 - VI ZR 48/99 -

 

16.04.1996

Krankenhaus haftet bei unzulänglicher Organisation

1. Steht zur Überwachung eines CTG nur eine Krankenschwester zur Verfügung, so haftet das Krankenhaus aus Organisationsverschulden.

2. Das Belegkrankenhaus muss im Rahmen seiner Organisationsgewalt gegen eine Handhabung einschreiten, durch welche der Belegarzt dem Pflegepersonal des Belegkrankenhauses Aufgaben überlässt, die die pflegerische Kompetenz übersteigen (hier: Überwachung eines CTG durch die Nachtschwester).

Urteil des BGH vom 16.04.1996 – VI ZR 190/95

 

14.02.1995

Verantwortlichkeit des Belegarztes und der Beleghebamme / Krankenhaushaftung

1. Begibt sich eine Patientin auf Veranlassung ihres Frauenarztes zur Entbindung in ein Krankenhaus, in welchem dieser Belegarzt ist, und nimmt er die Eingangsuntersuchung vor, so ist er auch für Fehler verantwortlich, die einer freiberuflich tätigen Hebamme unterlaufen, während sie die Geburt bei zeitweiliger Abwesenheit des Arztes überwacht.

2. Der Träger des Belegkrankenhauses hat weder für Fehler des Belegarztes noch der Beleghebamme einzustehen, da er deren Leistungen nicht schuldet.

Urteil des BGH vom 14.02.1995 – VI ZR 272/93 -

 

12.07.1994

Haftung eines Arztes in Weiterbildung zum Gynäkologen

Auch der bei der Weiterbildung zum Gynäkologen stehende Arzt ist, wenn er eigenverantwortlich eine Geburt übernimmt, dafür verantwortlich, dass für die Geburt der Behandlungsstandard gewährleistet ist, auf den Mutter und Kind Anspruch haben. Er kann aber grundsätzlich darauf vertrauen, dass die für seinen Einsatz und dessen Organisation verantwortlichen Entscheidungsträger auch für den Fall von Komplikationen, mit denen zu rechnen ist und für deren Beherrschung, wie sie wissen müssen, seine Fähigkeiten nicht ausreichen, organisatorisch die erforderliche Vorsorge getroffen haben; dies gilt nur dann nicht, wenn - für ihn erkennbar - Umstände hervortreten, die ein solches Vertrauen als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen.

Urteil des BGH vom 12.07.1994 – VI ZR 299/93 -

 

16.02.1993

Aufklärung bei Erforderlichkeit der Schnittentbindung

Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass im weiteren Verlauf eines Entbindungsvorgangs eine Situation eintreten kann, in der eine normale vaginale Entbindung kaum noch in Betracht kommt, sondern eine Schnittentbindung notwendig oder zumindest zu einer echten Alternative zu einer vaginalen Entbindung wird, dann muss der geburtsleitende Arzt die Mutter bereits zu einem Zeitpunkt über die unterschiedlichen Risiken der Entbindungsmethoden aufklären und ihre Entscheidung einholen, zu dem sie sich noch in einem Zustand befindet, in dem diese Problematik mit ihr besprochen werden kann.

Urteil des BGH vom 16.02.1993 – VI ZR 300/91 -

 

12.11.1991

Aufklärung bei Erforderlichkeit der Schnittentbindung

Ist wegen besonderer Gefahren für Mutter und Kind eine Schnittentbindung geboten, so hat der Arzt, wenn er dennoch eine Vaginalentbindung vornehmen will, der Schwangeren die damit verbundenen Risiken deutlich vor Augen zu führen. Dass er dies getan hat, steht auch dann zu seiner Beweislast, wenn nach seiner Behauptung die Schwangere eine Schnittentbindung verweigert hat.

Urteil des BGH vom 12.11.1991 – VI ZR 369/90 -

 

07.12.1983

Wann wird die Leibesfrucht zum Menschen?

Bei regulärem Geburtsverlauf wird die Leibesfrucht zum Menschen im Sinne der Tötungsdelikte mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen (im Anschluss an BGHSt 31, 348).

Urteil des BGH vom 07.12.1983 – 1 StR 665/83 -

 

31.05.1983

Schweigepflicht und postmortales Persönlichkeitsrecht

Soweit aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht ernstliche Bedenken gegen die Einsicht von Erben oder Hinterbliebenen bestehen, kommt der Wahrung des Arztgeheimnisses Vorrang zu.

Urteil des BGH vom 31.05.1983 – VI ZR 259/81 –

 

22.06.1966

Verkehrssicherungspflicht einer Hebamme

Verkehrssicherungspflichtverletzung einer Hebamme, wenn diese eine überhitzte und mit Tüchern bedeckte Wärmflasche auf einen Tisch neben der Wanne ablegt, in der das Neugeborene gebadet werden sollte. Die Hebamme hätte hier damit rechnen müssen, dass das Kind nach dem Baden auf die viel zu heißen Tücher gelegt würde und sich dabei Verbrennungen zuzog.

Urteil des BGH vom 22.06.1966 – VI ZR 206/64 -