25.06.2012
Betriebsbedingte
Kündigung wegen Stationsschließungen
Eine
Kündigung wegen einer Stilllegung einzelner Betriebsteile
eines Krankenhauses muss erkennen lassen, welche Arbeiten bzw.
Arbeitsbereiche wegfallen und mit welchen Arbeitskräften,
welche verbliebenen Arbeiten bzw. Arbeitsbereiche fortgeführt
werden.
Beschluss
des LAG Sachsen vom 25.06.2012 – 1 Sa 661/11 -
27.04.2012
Zulassung
zur Ausbildung in der Altenpflegehilfe
Unzuverlässigkeit
zur Ausübung von Heil(hilfs)berufen liegt vor, wenn der
Berufsausübende aufgrund bestimmter Tatsachen keine
hinreichende Gewähr für eine zukünftige ordnungsgemäße
Berufsausübung bietet. Das kann bereits bei einem einmaligen
Fehlverhalten, das mit einer Bewährungsstrafe geahndet wurde,
der Fall sein.
Beschluss
des VG Gelsenkirchen vom 27.04.2012 – 7 K 2079/11 -
08.03.2012
Kein
Anspruch eines Arztes auf Löschung einer Bewertung im
Internetportal
Ein
Arzt, der sich Bewertungen in einem frei zugänglichen
Internetportal ausgesetzt sieht, hat keinen Anspruch gegen den
Betreiber des Portals auf Löschung des Eintrags.
Urteil
des OLG Frankfurt vom 08.03.2012 - 16
U 125/11 -
27.01.2012
Zulässige
Anwaltswerbung: "Ihre Experten-Kanzlei"
Die
Werbeaussage "Ihre Experten-Kanzlei scheidung.com holt für
Sie die Kastanien aus dem Feuer" ist kein berufsrechtlich
unzulässiger Zusatz zur Berufsbezeichnung Rechtsanwalt, begründet
keine Gefahr der Verwechselung mit einer Fachanwaltschaft
(hier etwa für Familienrecht) und führt als reklamehafte
Werbung den Verkehr auch nicht über die Befähigung der Anwältin
in die Irre, wenn diese seit Jahren mit Scheidungen befasst
ist, ausgesprochen viele Mandate dazu bearbeitet hat und
regelmäßig Leseranfragen als Mitglied eines
"Experten-Teams" einer Wochenzeitung beantwortet.
Urteil
des KG Berlin vom 27.01.2012 – 5 U 191/10 -
18.01.2012
Strafbarkeit
nach AMG
1.
Nur die berufs- oder gewerbsmäßige Abgabe von Arzneimitteln,
die apothekenpflichtig oder von einem Arzt verschrieben worden
sind, an Endverbraucher außerhalb von Apotheken unterliegt
der Strafbarkeit nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 4, 43 Abs. 3 Satz 1
AMG.
2.
Die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel an
Verbraucher ist nach § 95 Nr. 13 AMG nur strafbar, wenn der
Handelnde Apotheker oder eine sonst zur Abgabe von
Arzneimitteln befugte Person ist.
3.
Das Tatbestandsmerkmal der Berufs- oder Gewerbsmäßigkeit
bezieht sich auf sämtliche Tathandlungen des § 97 Abs. 2 Nr.
10 AMG.
4.
Die unerlaubte Abgabe aufgrund ärztlicher Verschreibung
erworbener Betäubungsmittel an einen Dritten ist nicht von §
4 Abs. 1 Nr. 3a BtMG gedeckt.
Beschluss
des OLG Stuttgart vom 18.01.2012 – 4 Ss 664/11 -
31.10.2011
Auskunft
über die Anfertigung von Lichtbildern während Brustoperation
1.
Die
Anfertigung eines Lichtbildes während einer Brustoperation
stellt auch unabhängig von seiner Verbreitung einen Eingriff
in das durch §
823 Abs. 1 BGB
geschützte Persönlichkeitsrecht dar.
2.
Die
Anfertigung eines Lichtbildes während einer Brustoperation
durch einen professionellen Betreuer auf einer Handykamera,
das lediglich den engsten Verwandten der Klägerin gezeigt
wurde, rechtfertigt eine Geldentschädigung in Höhe von 500
Euro.
Urteil
des LG Aschaffenburg vom 31.10.2011 - 14
O 21/11 -
27.10.2011
Ausbildung
zum Rettungssanitäter als Berufsausbildung
1.
Eine
erstmalige Berufsausbildung iSv §
12 Nr. 5 EStG
setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem
Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer
voraus.
2.
Die
Ausbildung zum Rettungssanitäter ist eine erstmalige
Berufsausbildung.
Urteil
des BFH vom 27.10.2011 - VI
R 52/10 -
01.08.2011
Verbot
der Kameraüberwachung eines Patienten
Die
grundrechtlich geschützte Freiheit schließt auch die
"Freiheit zur Krankheit" und damit das Recht ein,
auf Heilung abzielende Eingriffe abzulehnen, selbst wenn diese
nach dem Stand des medizinischen Wissens dringend angezeigt
sind.
Beschluss
des OLG Zweibrücken vom 01.08.2011 – 1 Ws 90/11 -
01.08.2011
Akute
Sturzgefährdung im Krankenhaus
Entfernt
eine Krankenschwester eigenmächtig ein ärztlich angeordnetes
Seitenteil am Bett einer sturzgefährdeten Patientin und stürzt
diese zu Boden, verletzt der Krankenhausträger seine
Obhutspflichten.
Beschluss
des OLG Bamberg vom 01.08.2011 – 4 U 197/09 -
26.07.2011
Vorläufiges
Berufverbot
1.
(...)
2.
Allein das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach §
70 StGB iVm § 132a StPO rechtfertigt ein vorläufiges
Berufsverbot noch nicht. Wegen der überragenden Bedeutung von
Art. 12 Abs. 1 GG muss hinzukommen, dass die als Präventivmaßnahme
mit Sofortwirkung ausgestaltete Anordnung wegen ihrer
erheblichen Intensität und irreparablen Wirkung erforderlich
ist, um bereits vor rechtskräftigem Abschluss des
Hauptverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter
abzuwehren, die aus einer Berufsausübung durch den
Angeklagten resultieren können.
Beschluss
des OLG Nürnberg vom 26.07.2011 – 1 Ws 310/11 -
19.07.2011
Widerruf
der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung wegen
Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Misshandlung
und Verletzungen des Persönlichkeitsrechts gegenüber
schutzbedürftiger Personen, die einem Altenpfleger anvertraut
sind, rechtfertigen in der Regel dessen Beurteilung als
unzuverlässig.
Beschluss
des VG Stuttgart vom 19.07.2011 – 4 K 766/11 -
12.04.2011
Arzt-
und Apotheker sind keine sozietätsfähigen Berufe
1.
Bei der Vorschrift des § 59a BRAO, der die Berufe regelt, mit
denen sich ein Rechtsanwalt soziieren darf, handelt es sich um
eine abschließende Regelung.
2.
Eine Liberalisierung des § 59a BRAO bleibt allein dem
Gesetzgeber vorbehalten.
3.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestehen
nicht.
Beschluss
des OLG Bamberg vom 12.04.2011 – 4 W 9/11 -
25.02.2011
Widerruf
der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
"Hebamme"
Ein
fortgesetzter Abrechnungsbetrug gegenüber den Krankenkassen
über einen längeren Zeitraum rechtfertigt die Prognose, die
Hebamme biete zukünftig nicht mehr die Gewähr, ihren Beruf
ordnungsgemäß unter Beachtung ihrer Berufspflichten auszuüben.
Beschluss
des OVG Lüneburg vom 25.02.2011 – 8 LA 330/10 -
22.02.2011
Außerordentliche
Kündigung wegen Telefonierens im OP
Durch
die Mitnahme eines betriebsbereiten Privathandys in den
Operationsbereich wird in Kauf genommen, dass die Arbeit des
OP-Teams während der Operation von außen gestört wird.
Beschluss
des LAG Mainz vom 22.02.2011 – 3 Sa 474/09 -
27.01.2011
Widerruf
der Approbation als Zahnarzt wegen eines Sexualdelikts
1.
Anlass für den Widerruf der Approbation als Zahnarzt wegen
Unwürdigkeit können nur gravierende Verfehlungen sein, die
geeignet sind, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den
Berufsstand, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der
Approbation folgenlos, nachhaltig zu erschüttern.
2.
(...)
Beschluss
des BVerwG vom 27.01.2011 - 3 B 63/10 -
20.01.2011
Beschaffung
von Medikamenten für Selbstmord
1.
Das
Recht einer Person zu entscheiden, wie und zu welchem
Zeitpunkt ihr Leben beendet sein soll, ist Teil des Rechts auf
Achtung des Privatlebens iSv Art. 8 EMRK,
vorausgesetzt, sie kann ihren Willen frei bilden und
entsprechend handeln.
2.
Art.
2 EMRK (Recht
auf Leben) verpflichtet Behörden, eine Person an einer
Selbsttötung zu hindern, wenn sie die Entscheidung dazu nicht
frei und in Kenntnis aller Umstände getroffen hat.
3.
Es
gibt unter den Mitgliedstaaten des Europarats keinen Konsens
über das Recht einer Person zu entscheiden, wann und auf
welche Weise sie ihr Leben beenden möchte. Deswegen haben die
Staaten insoweit einen erheblichen Ermessensspielraum.
4.
Die
mit einem Rechtssystem, das die Beihilfe zum Selbstmord
erleichtert, verbundene Missbrauchsgefahr darf nicht unterschätzt
werden. Eine Verschreibungspflicht für tödliche Substanzen
dient dem Schutz der Gesamtheit, der öffentlichen Sicherheit
und der Verhütung von Straftaten.
5.
Selbst
wenn eine Verpflichtung der Staaten bestünde, Maßnahmen zur
Erleichterung einer Selbsttötung zu treffen, hätten die
Schweizer Behörden im vorliegenden Fall angesichts des ihnen
zustehenden Ermessensspielraums nicht gegen diese Pflicht
verstoßen.
Urteil
des EGMR
(I. Sektion) vom 20.01.2011
- 31322/07 -
17.01.2011
Begleitung
und Überwachung eines Patienten nach Selbstverletzung
Bei
einem Patienten, der nach Selbstverletzung in fraglicher
suizidaler Absicht und möglicher psychotischer Störung in
die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses
eingewiesen wird, ist bei einem Toilettengang nicht stets eine
Begleitung oder Videoüberwachung erforderlich.
Beschluss
des OLG Oldenburg vom 17.01.2011 – 5 U 187/10 -
13.01.2011
Beleidigung
eines Abtreibungsarztes − "damals Holocaust, heute
Babycaust"
1.
Die
Verurteilung der Beschwerdeführer wegen Beleidigung nach §
185 StGB war ein Eingriff in ihr nach Art.
10 EMRK garantiertes Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung.
2.
Ein
solcher Eingriff ist nach Art. 10 Abs. 2
EMRK gerechtfertigt, wenn er "gesetzlich
vorgesehen" ist, eines der in der Vorschrift genannten
berechtigten Ziele verfolgt und "in einer demokratischen
Gesellschaft notwendig" ist, um dieses Ziel zu erreichen.
3.
§
185 StGB ist
ausreichend bestimmt gefasst und damit eine ausreichende
Grundlage im deutschen Recht. Die Bestrafung diente dem
"Schutz des guten Rufs oder der Rechte anderer" iSv Art.
10 Abs. 2 EMRK und damit einem berechtigten Ziel.
4.
Für
den Eingriff bestand auch ein "dringendes soziales Bedürfnis".
Die deutschen Gerichte haben das Recht der Beschwerdeführer
auf freie Meinungsäußerung und das Persönlichkeitsrecht des
Arztes angemessen gegeneinander abgewogen.
5.
Die
Dauer des Verfahrens über die Verfassungsbeschwerde der
Beschwerdeführer vor dem BVerfG von fast sechseinhalb Jahren
verstößt gegen Art. 6Abs. 1 EMRK
(Recht auf ein faires Verfahren).
Urteil
des EGMR
(V. Sektion) vom 13.01.2011
- 397/07, 2322/07-
22.12.2010
Werbung
– Firmierung als "Das Haus der Anwälte"
1.
Bezeichnet sich eine Anwaltskanzlei als "Das Haus der Anwälte",
stellt dies eine irreführende Angabe über die geschäftlichen
Verhältnisse der dort ansässigen Rechtsanwälte dar.
2.
Insbesondere die Verwendung des bestimmten Artikels kann vom
Rechtssuchenden als Hinweis auf eine gewisse Herausgehobenheit
der angebotenen Rechtsberatung verstanden werden. Zudem könnte
die Vorstellung hervorgerufen werden, dass in dem so
bezeichneten Gebäude mehrere Anwaltskanzleien mit einer
Vielzahl von Anwälten ansässig sind.
Urteil
des LG Osnabrück vom 22.12.2010 – 1 O 2937/10 -
16.12.2010
Aufwendungen
für heterologe künstliche Befruchtung als außergewöhnliche
Belastungen
Aufwendungen
eines Ehepaares für eine heterologe künstliche Befruchtung können
als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein (Änderung
der Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 - III R
46/97 -, BFHE 188, 566, BStBl II 1999, 761).
Urteil
des BFH vom 16.12.2010 - VI R 43/10 -
08.12.2010
Zulässiger
Preisvergleich von Zahnärzten im Internet
Ein
Zahnarzt kann an einem Internetportal mit Preisvergleich
teilnehmen, ohne dass er seine Berufspflichten verletzt. Die
Internetplattform diene dem Patientenschutz, da sie die
Kontaktaufnahme und den Preisvergleich erleichtere. Außerdem
werde der Nutzer auf der Webseite deutlich darauf hingewiesen,
dass die Kostenschätzung bis zur persönlichen
Kontaktaufnahme unverbindlich sei.
Beschluss
des BVerfG vom 08.12.2010 – 1 BvR 1287/08 -
25.11.2010
Werbung
mit "Experten-Kanzlei Scheidung"
1.
Bezeichnet sich ein Rechtsanwalt auf einem bestimmten
Rechtsgebiet als "Spezialist" oder
"Experte", erwartet das rechtsuchende Publikum, dass
dieser Berufsträger sich hinsichtlich seiner Kenntnisse und
Erfahrungen auf dem beworbenen Rechtsgebiet nicht nur vom
Durchschnitt abhebt, sondern vielmehr weit über dem
Durchschnitt liegende Kenntnisse und Erfahrungen besitzt.
2.
Wird ein Rechtsanwalt in einem von ihm auf seiner
Internetseite veröffentlichten Zeitungsartikel als zu einem
"Experten-Team" gehörig bezeichnet, liegt hierin
keine Irreführung, da der durchschnittliche Rechtsuchende bei
einem als "Experte des Expertenteams" bezeichneten
Rechtsanwalt keine besonders hohe, wesentlich über dem
Durchschnitt liegende Qualifikation im Bereich des
Familienrechts erwartet. Anders als bei der Selbstbezeichnung
"Experten-Kanzlei Scheidung" handelt es sich hier
zudem um eine von einer Zeitung vergebene Bezeichnung. Mit
"Expertenrunden" zu bestimmten Themen werden
Verbraucher indes nahezu täglich in Funk- und
Fernsehsendungen und auch in Zeitschriften konfrontiert.
3.
Die Bezeichnung "Spezialkanzlei für Trennung, Unterhalt
und Fragen rund um das Familienrecht" kennzeichnet eine
schwerpunktmäßig im Familienrecht tätige Kanzlei.
"Spezial" wird in Zusammensetzung mit
"Kanzlei" von seiner Bedeutung her nicht iSv
"Spezialist" verstanden. Im allgemeinen
Sprachgebrauch ist eine "Spezialkanzlei" keine
Kanzlei von "Spezialisten", sondern vielmehr eine
Kanzlei mit einem Spezialgebiet.
Urteil
des LG Berlin vom 25.11.2010 – 52 O 142/10 -
24.11.2010
Entzug
der Anerkennung bei Falschabrechnung
Auch
wenn der nachweisliche Schaden durch vorsätzliche
Falschabrechnung nicht besonders hoch ist, kann bei
fortgesetzter vorsätzlicher Falschabrechnung die Anerkennung
als Hebamme entzogen werden.
Urteil
des VG Hannover vom 24.11.2010 – 5 A
1470/09 -
21.10.2010
Dauer
eines Arzthaftungsprozesses
1.
Bei der Prüfung, ob die Verfahrensdauer angemessen war, sind
die Umstände des Falls zu berücksichtigen, insbesondere
seine Schwierigkeit, das Verhalten des Beschwerdeführers und
der zuständigen Behörden und Gerichte sowie die Bedeutung
des Rechtsstreits für den Beschwerdeführer.
2.
Der Arzthaftungsprozess war schwierig. Das Gericht hätte das
schon über zwölf Jahre laufende Verfahren aber beschleunigen
können. Es hätte insbesondere den Parteien schon zu Beginn
des Verfahrens aufgeben können, sämtliche Krankenakten
vorzulegen, und schon vor der mündlichen Verhandlung einen
Beweisbeschluss erlassen können. Das Verfahren bei der
Einholung von Sachverständigengutachten hätte abgekürzt
werden können, wenn das Gericht den Sachverständigen schon
zur ersten mündlichen Verhandlung geladen hätte, damit er
sein Gutachten mündlich erstattet oder erläutert.
3.
Gerichte müssen sicherstellen, dass nur Sachverständige
bestellt werden, die für eine mündliche Verhandlung zur
Verfügung stehen, und sie müssen –
soweit erforderlich –
von gesetzlich vorgesehenen Zwangsmaßnahmen Gebrauch machen.
Urteil
des EMGR vom 21.10.2010 - 43155/08 -
18.10.2010
Keine
Verletzung der Garantenpflicht der Heimleitung, wenn der
Fixierung eine ärztliche Anordnung zugrunde liegt
Ein
Mitglied der Leitung eines Pflegeheims verletzt die ihm gegenüber
den Bewohnern obliegende Garantenpflicht im Rahmen der Nötigung
durch Unterlassen dann nicht, wenn er sich bei der Frage der
Erforderlichkeit einer regelmäßigen Fixierung auf eine
entsprechende ärztliche Anordnung verlässt.
Urteil
des OLG Nürnberg vom 18.10.2010 - 1 St OLG Ss 106/10 -
20.08.2010
BDSG
und § 203 StGB
1.
Die Bestimmungen der BRAO sind keine "bereichsspezifische
Sonderregelung" iSd § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG.
2.
Die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts nach § 43a
Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAO fällt unter § 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG.
3.
Der Rechtsanwalt ist wegen § 38 Abs. 3 Satz 2 BDSG im
Hinblick auf § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht verpflichtet, dem
Datenschutzbeauftragten mandatsbezogene Informationen zu
geben, die seiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Denn
die Vorschrift des § 38 Abs. 3 Satz 1 BDSG enthält keine dem
§ 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BDSG entsprechende Bestimmung, nach
der sich auch bei nicht-öffentlichen Stellen die
Kontrollbefugnis des Datenschutzbeauftragen auf diejenigen
personenbezogenen Daten erstreckt, die der beruflichen
Geheimhaltung unterliegen.
Beschluss
des KG vom 20.08.2010 – 1 Ws (B) 51/07 – 2 Ss 23/07 -
18.08.2010
Befähigung
zur Ausübung von traditioneller chinesischer Medizin
Die
traditionelle chinesische Medizin (TCM) ist Heilkunde im Sinne
des § 1 HeilprG, so dass zu ihrer Ausübung eine Erlaubnis
nach dem Heilpraktikergesetz erforderlich ist.
Urteil
des VG Trier vom 18.08.2010 - 5 K 221/10.TR -
11.08.2010
Anspruch
auf Herausgabe von Patientenunterlagen
Zur
Begründung des Anspruchs auf Herausgabe von Krankenunterlagen
muss der Patient beweisen, dass der Arzt überhaupt im Besitz
solcher Unterlagen ist. Gelingt ihm dies nicht, ist der
Anspruch unbegründet.
Urteil
des LG Hagen vom 11.08.2010 - 2 O 170/10 -
01.07.2010
Kündigung
wegen Wiederverheiratung nach Scheidung
Der
Chefarzt eines katholischen Krankenhauses verstößt gegen das
Verbot in Art. 5 Abs. 2 GO. eine nach dem Glaubensverständnis
der Rechtsordnung der Kirche ungültige Ehe abzuschließen,
wenn er nach erfolgter Scheidung eine zweite Ehe eingeht.
Gleichwohl kann die Kündigung sozial ungerechtfertigt sein,
wenn der katholische Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Kündigung
den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.
Urteil
des LAG Düsseldorf vom 01.07.2010 – 5 Sa 996/09 -
10.05.2010
Einwilligung
des Krankenhauspatienten in die Behandlung durch einen
bestimmten Arzt
Will
ein Patient (abweichend vom Krankenhaus-Normalfall) seine
Einwilligung in den ärztlichen Eingriff auf einen bestimmten
Arzt beschränken, muss er seinen entsprechenden Willen
eindeutig zum Ausdruck bringen.
Urteil
des BGH vom 10.05.2010 - VI ZR 252/08 -
28.04.2010
Rechtmäßiger
Widerruf einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
Logopäde
Der
Widerruf einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
Logopäde wegen Unzuverlässigkeit kann nicht auf die
Behandlung weiblicher Patienten beschränkt werden.
Urteil des
BVerwG vom 28.04.2010 - 3
C 22/09 -
23.02.2010
Strafbarkeit
von Kassenärzten wegen Bestechlichkeit
Niedergelassene
Kassenärzte sind rechtlich als "Beauftragte" des
"geschäftlichen Betriebes" einer Krankenkasse iSd
§ 299 StGB anzusehen.
Urteil
des OLG Braunschweig vom 23.02.2010 – Ws 17/10 -
22.01.2010
Anspruch
des Heimbewohners auf Einsicht in Pflegeunterlagen
Ein
Heimbewohner hat ein berechtigtes Interesse an der
Einsichtnahme in seine Person betreffende Unterlagen, um
nachvollziehen zu können, ob die Pflegedokumentation des
Heimträgers den rechtlichen Anforderungen entspricht.
Urteil
des LG Karlsruhe vom 22.01.2010 – 9 S 311/09 -
14.01.2010
Widerruf
der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
"Altenpflegerin"
Eine
Altenpflegerin ist als unzuverlässig anzusehen, wenn sie
keine ausreichende Gewähr dafür bietet, dass sie in Zukunft
ihren Beruf ordnungsgemäß unter Beachtung aller in Betracht
kommenden Vorschriften und Berufspflichten ausüben wird und
sich dadurch Gefahren für die Allgemeinheit oder ihre
Patienten ergeben.
Urteil
des VG Karlsruhe vom 14.01.2010 - 6 K 1545/08 -
10.12.2009
Verwertung
von Eintragungen im Bundeszentralregister durch die
Approbationsbehörde
Die
Approbationsbehörde kann bei der Entscheidung über die
Eignung eines Bewerbers als Arzt auch strafgerichtliche
Verurteilungen - hier u.a. wegen Totschlags ‑ berücksichtigen,
die zwar nicht mehr in ein Führungszeugnis aufzunehmen, aber
weiterhin im Bundeszentralregister enthalten sind.
Beschluss
des OVG Lüneburg vom 10.12.2009 – 8 LA 185/09 -
30.11.2009
Eintragung
in das Geburtenbuch bei Geschlechtsumwandlung des Erzeugers
1.
Der leibliche Vater kann auch nach einem Wechsel der
Geschlechtszugehörigkeit iSv § 8 Abs. 1 Transsexuellengesetz
(TSG) die Vaterschaft anerkennen. Dies gilt auch dann, wenn
das Kind erst nach Rechtskraft der Entscheidung gemäß § 8
Abs. 1 TSG geboren wurde.
2.
Er ist in diesem Fall mit seinem vor Rechtskraft der
Entscheidung über die Namensänderung und
Geschlechtsumwandlung maßgeblichen männlichen Vornamen ins
Geburtenregister einzutragen.
Beschluss
des OLG Köln vom 30.11.2009 – 16 Wx 94/09 -
12.11.2009
Umfang
der ärztlichen Aufklärung über das Risiko des Misserfolgs
eines beabsichtigten Eingriffs
Über
das Risiko eines Misserfolgs des beabsichtigten Eingriffs
(hier: offene Operation am Fersenbein) ist nicht unter Angabe
konkreter Prozentzahlen aufzuklären. Es reicht aus, wenn dem
Patienten mitgeteilt wird, dass die Operation trotz aller ärztlichen
Kunst fehlschlagen kann mit dem Ergebnis, dass die Leiden,
Ausfälle und Beschwerden sich nicht bessern oder gar
verschlimmern.
Urteil
des OLG Naumburg vom 12.11.2009 – 1 U 59/09 -
29.09.2009
Widerruf
der Approbation als Arzt wegen Unwürdigkeit
1.
Wer in zahlreichen Fällen vorsätzliche Körperverletzungen
dadurch begeht, dass er zum Zwecke der Abrechnung gegenüber
den Krankenkassen Impfungen durchführt, die entweder nicht
medizinisch indiziert sind, über die er seine Patienten nicht
sachgerecht aufgeklärt hat oder die er vornimmt, indem er
seine ihm vertrauenden Patienten über sein tatsächliches Tun
im Unklaren lässt, zerstört das ihm als Arzt
entgegengebrachte Vertrauen.
2.
Entsprechend der besonderen Bedeutung des Vertrauensverhältnisses
zwischen Arzt und Patient gehört es zu den grundlegenden
Berufspflichten, dass Ärzte dem ihnen entgegengebrachten
Vertrauen entsprechen und weder ihr eigenes noch das Interesse
Dritter über das Wohl der Patienten stellen.
3.
Die Frage, ob ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das
Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung
seines Berufs unabdingbar nötig ist, und ob er deshalb der
Ausübung seines Berufs unwürdig ist, unterliegt objektiven
Beurteilungsmaßstäben und ist von zufälligen Umständen des
Einzelfalls - auch der Treue seines Patientenstamms - unabhängig.
4.
In Fällen der offensichtlichen Rechtmäßigkeit des Widerrufs
der Approbation wegen nachträglicher Unwürdigkeit ist die
Verhältnismäßigkeit der Anordnung der sofortigen
Vollziehung der Entscheidung in der Regel zu bejahen.
Beschluss
des VGH Mannheim vom 29.09.2009 – 9 S 1783/09 -
24.09.2009
Werbung
einer Zahnarztpraxis mit Qualitätssiegel "MacDent"
Es
ist mit dem Grundrecht der freien Berufsausübung nicht
vereinbar, einem niedergelassenen Zahnarzt die Verwendung
eines Logos zu untersagen, mit dem schlagwortartig auf die
Einhaltung geprüfter Qualitätsstandards eines
Franchise-Unternehmens hingewiesen und zugleich eine
Internetadresse angegeben wird, die nähere Informationen über
die Standards und ihre Kontrolle enthält.
Urteil
des BVerwG vom 24.09.2009 – 3 C 4/09 -
02.09.2009
Widerruf
der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit
Ein
nachgewiesener Abrechnungsbetrug kann den Verlust der
Approbation bedeuten.
OVG
Lüneburg vom 02.09.2009 - 8 LA 99/09 -
01.09.2009
Sektorenübergreifender
Versorgungsvertrag zwischen einem Krankenhaus und
niedergelassenen Ärzten
Es
ist Ärzten nicht gestattet, sich für die Zuweisung von
Patienten ein Entgelt (sog. Kopfgeld) oder einen anderen
Vorteil versprechen oder gewähren zu lassen.
Urteil
des OLG Düsseldorf vom 01.09.2009 - 1-20 U 121/08 -
31.08.2009
Haftung
wegen eines unterbliebenen Schwangerschaftsabbruchs
Eine
Haftung des die Schwangerschaft betreuenden Arztes nach der
Geburt eines behinderten Kindes auf Ersatz der damit
verbundenen Unterhaltsbelastung kommt nur dann in Betracht,
wenn feststeht, dass die Schwangerschaft bei zutreffender
Diagnostik hätte rechtmäßig abgebrochen werden dürfen.
Weitere Voraussetzung ist, dass ein Abbruch auch tatsächlich
erfolgt wäre.
Beschluss
des OLG Stuttgart vom 31.08.2009 – 1 W 33/09 –
28.08.2009
Keine
Krankheitskostenerstattung bei In-vitro-Fertilisation mit
Fremdsamen
Der
infertile verheiratete Mann hat gegen seine private
Krankenversicherung keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten
einer In-vitro-Fertilisation, bei der die Eizellen seiner
Ehefrau mit dem Samen eines Dritten befruchtet werden.
Urteil
des LG Mannheim vom 28.08.2009 - 1 S 78/09 -
14.07.2009
Errichtung
eines Nottestaments vor Zeugen
1.
(...).
2.
Ein Nottestament vor drei Zeugen kann nur dann wirksam
errichtet werden, wenn die nahe Todesgefahr oder
Testierunfähigkeit
objektiv vorlag oder diese subjektiv nach der Überzeugung
aller drei Testamentszeugen besteht.
Beschluss
des OLG München vom 14.07.2009 – 31 Wx 141/08 -
27.05.2009
Widerruf
der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung
"Krankenpfleger"
Zur
Unzuverlässigkeit eines Krankenpflegers, der wegen des
Besitzes von kinderpornografischen Bildern verurteilt worden
ist.
Beschluss
des OVG Lüneburg vom 27.05.2009 - 8 ME 62/09 -
20.05.2009
Kein
Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht bei Veröffentlichung
anonymisierter Sachverhalte
1.
Es stellt keinen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht
dar, wenn ein Rechtsanwalt vollständig anonymisierte
Sachverhalte mitteilt, die keinen Bezug zu konkreten Personen
zulassen und darüber hinaus das Anforderungsprofil der Veröffentlichungsrichtlinie
der nordrhein-westfälischen Justizministerin gewahrt ist.
2.
Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht dient nicht dazu,
Fehler in der Mandatsbearbeitung, zu deren Offenlegung der
Rechtsanwalt verpflichtet ist, zu verschweigen bzw. das
Verschweigen derartiger Fehler zu fördern.
3.
Ein angestellter Rechtsanwalt verstößt daher nicht gegen die
Verschwiegenheitspflicht, wenn er einen Mandanten seines
vormaligen Arbeitgebers darauf hinweist, dass dieser einen
Regressfall ausgelöst hat.
4.
§ 25 BORA regelt ausschließlich das Verhältnis zwischen
Rechtsanwälten untereinander, nicht aber das Verhältnis
zwischen Rechtsanwalt und Mandant.
Beschluss
des AnwG Köln vom 20.05.2009 – 10 EV 330/07 -
13.05.2009
Mitarbeiter
einer Physiotherapiepraxis
Die
in einer Physiotherapiepraxis tätigen Mitarbeiter sind
Arbeitnehmer des Praxisinhabers/Praxisbetreibers und nicht des
dort tätigen freiberuflichen
Physiotherapeuten/Krankengymnasten, auch wenn er diesen gegenüber
weisungsbefugt ist.
Urteil
des LSG BW vom 13.05.2009 – L 3 R 4298/04 –
13.05.2009
Kündigung
einer Altenpflegerin wegen Leistungsunfähigkeit
Eine
personenbedingte Kündigung gegenüber einer Altenpflegerin
kann grundsätzlich gerechtfertigt sein, wenn diese aufgrund
eines medizinischen Gutachtens zu schweren körperlichen
Arbeiten krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist.
Urteil
des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 13.05.2009 - 2 Sa 15/09 -
01.04.2009
Fototherapie
Hebammen
sind befugt, eine ärztlich angeordnete Fototherapie bei einem
Neugeborenen zu übernehmen. Eine dafür in Rechnung gestellte
Gebühr für Tag- und Nachtwachen ist von der Krankenkasse zu
übernehmen.
Urteil
des Sozialgericht Dortmund vom 01.04.2009 – S 8 KR 10/05
-
31.03.2009
Fälschung
von Gesundheitszeugnissen in Mittäterschaft
1.
Den Tatbestand des § 277 StGB erfüllt auch, wer
wahrheitswidrig vorgibt, von einem Arzt zur Ausstellung des
Gesundheitszeugnisses beauftragt oder bevollmächtigt zu sein.
2.
Es reicht für Alleintäterschaft nach § 277 StGB
nicht aus, dass der Aussteller des unrichtigen
Gesundheitszeugnisses dieses einem bösgläubigen Dritten zum
Gebrauch überlässt.
3.
Nach den Grundsätzen der Mittäterschaft (§ 25 Abs.
2 StGB) ist allerdings eine Verteilung und Zurechnung der
jeweiligen Tatbeiträge in der Weise möglich, dass ein Mittäter
das unrichtige Gesundheitszeugnis ausstellt und der andere
hiervon Gebrauch macht.
Beschluss
des OLG Frankfurt vom 31.03.2009 – 2 Ss 325/08 –
05.03.2009
Verschweigen
einer Aidserkrankung durch den Arzt
1.
Ein Vorfall, der nicht zum Tode führt, kann nur unter
außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art.
2 EMRK (Recht auf Leben) sein. Ein solcher Umstand kann
auch eine Infizierung mit einer tödlichen Krankheit sein.
2.
Art. 2 EMRK verpflichtet den
Staat nicht dazu, vorsätzliches Töten zu unterlassen,
sondern auch dazu, notwendige Maßnahmen zum Schutz des Lebens
von Personen zu treffen, die seiner Hoheitsgewalt unterstehen.
3.
Art. 2 EMRK verlangt
insbesondere eine unabhängige und wirksame Justiz, damit die
Todesursache von Patienten, die unter ärztlicher Obhut
stehen, festgestellt werden kann und die Verantwortlichen zur
Rechenschaft gezogen werden können. Der durch Verletzung ärztlicher
Sorgfaltspflichten Geschädigte muss die Möglichkeit haben,
sowohl durch Strafverfahren als auch durch zivilgerichtliche
Verfahren Wiedergutmachung zu erhalten.
4.
Dass das Oberlandesgericht in diesem Fall das
Unterlassen eines Arztes, die Partnerin seines Patienten von
dessen Aidserkrankung zu informieren, als Verletzung seiner
Berufspflicht, aber nicht als groben Behandlungsfehler
angesehen hat, verstößt nicht gegen Art. 2
EMRK.
5.
Es ist nicht Aufgabe des Gerichtshofs, sich mit
angeblichen Tatsachen- oder Rechtsirrtümern eines staatlichen
Gerichts zu befassen. Art. 6 EMRK
(Recht auf faires Verfahren) enthält keine Vorschriften über
die Zulässigkeit von Beweisen oder die Beweiswürdigung. Das
zu regeln ist Sache des staatlichen Rechts und der staatlichen
Rechtsprechung. Die deutschen Gerichte haben Art.
8 EMRK nicht dadurch verletzt, dass sie es nicht für
erforderlich gehalten haben, ein weiteres Gutachten einzuholen.
Urteil
des EMGR vom 05.03.2009 - 77144/01
u. 35493/05 Colak u. Tsakiridis/Deutschland
-
20.02.2009
Grober
Fehler bei der Behandlung einer Ellenbogenfraktur eines
Kleinkindes
Bei
einer zunächst mit Gipsverband behandelten Ellenbogenfraktur
eines zwei Jahre alten Kindes stellt die unterlassene
Weiterverweisung an einen Kinderchirurgen bzw. die
unterlassene Anordnung einer engmaschigen und zeitnahen
Kontrolle einen groben Behandlungsfehler dar.
Urteil
des LG Karlsruhe vom 20.02.2009 - 6 O 115/07 -
20.01.2009
Zeugnisverweigerungsrecht
der Krankenschwester
Auch
Krankenschwestern als Gehilfen des Arztes steht das
Zeugnisverweigerungsrecht nach §§ 53a Abs. 1, 53 Abs. 1 Nr.
3 StPO zu. Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht jedoch nicht,
soweit es sich um Informationen handelt, die weder im
funktionalen (inneren) Zusammenhang mit der ärztlichen/pflegerischen
Tätigkeit noch im Zusammenhang mit dem Vertrauensverhältnis
zwischen Arzt und Patient stehen. Unabhängig hiervon ist ein
Zeugnisverweigerungsrecht auch dann nicht begründet, wenn die
ärztliche Hilfskraft die Information gerade mit dem Ziel
erhalten hat, sie an die Polizei weiterzugeben.
Beschluss
des OLG Hamm vom 20.01.2009 – 5 Ws 24/09 -
13.01.2009
Adoptiveltern
und Hebammenhilfe
Adoptiveltern
haben keinen Anspruch auf Hebammenhilfe.
Urteil
des SG Neuruppin vom 13.01.2009 – AZ: S 9 KR 93/08 –
14.11.2008
Anspruch
auf Ersatz von Unterhaltskosten nach missglücktem
Schwangerschaftsabbruch
Bei
einem allein auf die Beratungsregelung gem. § 218 a Abs. I
StGB gestützten, letztlich misslungenen
Schwangerschaftsabbruch kommt ein Schadensersatzanspruch der
Eltern gegen den Arzt wegen der Unterhaltskosten für das
gesund geborene Kind nicht in Betracht.
Urteil
des OLG Nürnberg vom 14.11.2008 – 5 U 1148/08 -
30.10.2008
Versäumnisse
bei der pflegerischen und ärztlichen Überwachung eines
Neugeborenen
1.
Bei Vorliegen einer auffälligen Unruhe und Schreckhaftigkeit
eines knapp 40 Stunden alten Säuglings muss unverzüglich ein
Arzt hinzugezogen werden. Hätte ein Arzt mit
Wahrscheinlichkeit auf die hier vorgelegenen
Infektionssymptome reagiert, rechtfertigt das Unterlassen eine
Beweislastumkehr zu Lasten des Krankenhauses.
2.
Zeigt das Kind ein signifikantes Leitsymptom für eine schwere
Infektion (hier: Sonnenuntergangsphänomen), kann ein grober
ärztlicher Behandlungsfehler darin liegen, dass die notfallmäßige
Verlegung in eine spezialisierte Kinderklinik um 45 Minuten
verzögert wird.
3.
Die übliche Praxis der Krankenschwestern und Pfleger,
einander bei Übergabe der Station mündlich über alle Auffälligkeiten
zu informieren, ist jedenfalls dann unbedenklich, wenn es beim
Übergabebericht der zuvor tätigen Kollegen noch nicht zu
Beanstandungen gekommen ist. Daher ist das Stationspersonal
nicht gehalten, die schriftliche Pflegedokumentation der zuvor
tätigen Kollegen sofort einzusehen und zu überprüfen.
Urteil
des OLG Koblenz vom 30.10.2008 – AZ: 5 U 576/07 -
28.10.2008
Pflicht
der Pflegekasse zur rechtzeitigen Zahlung
Bei
verspäteter Zahlung der pflegebedingten Kosten für die
Kurzzeitpflege eines Versicherten an die Pflegeeinrichtung ist
die Pflegekasse zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet.
Urteil
des SG Hannover vom 28.10.2008 – S 29 P 133/07 -
23.10.2008
Barmer
Ersatzkasse muss zahlen
Leistungen
der Beleghebammen gehören nicht zu den Krankenhausleistungen,
die mit der Abrechnung der DRG abgegolten wären.
Beleghebammen haben auch bei stationärem Aufenthalt einen
Anspruch auf Vergütung ihrer Leistungen durch die
Krankenkassen.
Urteil
des Sozialgericht Hildesheim vom 23.10.2008 – S 52 KR 223/07
-
09.10.2008
02.10.2008
Pflichten
eines Heilpraktikers
Ein
Heilpraktiker hat die Gefahr im Auge zu behalten, die sich
daraus ergeben können, dass seine Patienten medizinische
gebotene Hilfe nicht oder nicht rechtzeitig in Anspruch
nehmen. Er darf daher das Unterlassen der Inanspruchnahme
notweniger ärztlicher Hilfe nicht veranlassen oder stärken.
Rechtfertigt die Berufstätigkeit eines Heilpraktikers die
Annahme, dass er die Grenzen der Behandlungsmöglichkeiten
eines Heilpraktikers nicht erkennt und einhält, ist die zuständige
Behörde zum Widerruf der Heilpraktikererlaubnis berechtigt.
Beschluss
des VGH Mannheim vom 02.10.2008 – 9 S 1782/08 -
25.09.2008
Vergütung
von Mehrarbeit
Ein
Arbeitnehmer (hier: Rettungsassistent), der die Vergütung von
Mehrarbeit fordert, muss ebenso wie bei dem Begehren zur
Vergütung
von Überstunden im Einzelnen darlegen, an welchen Tagen und
zu welchen Tageszeiten er über die vertraglich vereinbarte
Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat.
Urteil
des LAG Schleswig-Holstein vom 25.09.2008 – 4 Sa 382/07 -
17.09.2008
Schweigepflicht
auch bei Minderjährigen
Auch
bei minderjährigen Patienten ist der Arzt grundsätzlich zur
Verschwiegenheit verpflichtet (hier: Schwangerschaft und
Mitteilung gegenüber den Eltern)
Urteil
des LG Köln vom 17.09.2008 - 25 O 35/08 -
01.09.2008
Betreuerbestellung
zur Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch
Für
eine krankheitsbedingt einwilligungsunfähige, schwangere Frau
kann ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis der Entscheidung über
einen Schwangerschaftsabbruch bestellt werden, dem sodann die
Entscheidung über die Einwilligung in einen
Schwangerschaftsabbruch bei Vorliegen einer
sozial-medizinischen Indikation nach § 218 a Absatz 2 StGB
obliegt.
Beschluss
des OLG Frankfurt/Main vom 01.09.2008 - 20 W 354/08 -
21.08.2008
Rundfunkgebühren
1.
Eine freiberufliche tätige Hebamme muss auch dann Rundfunkgebühren
für ihr Autoradio bezahlen, wenn das Fahrzeug nur teilweise
beruflich genutzt wird.
2.
Sie hat die Pflicht, diese Tatsache von sich aus bei der GEZ
anzumelden.
3.
Unterlässt sie diese Anzeige, dann kann sie sich später
nicht auf die Einrede der Verjährung berufen.
Urteil
des VGH Baden-Württemberg vom 21.08.2008 – 2 K 1084/07 -
17.08.2008
Schweigepflicht
bei Minderjährigen
Auch
bei Minderjährigen ist der Arzt grundsätzlich zur
Verschwiegenheit verpflichtet (hier: Mitteilung der
Schwangerschaft gegenüber den Eltern).
Urteil
des LG Köln vom 17.08.2008 - 25 O 35/08 -
20.06.2008
Verstoß
gegen Arzneimittelpreisbindung durch Zuzahlungsverzicht einer
Apotheke
1.
Die Ausgabe und spätere Einlösung von
"Zuzahlungsgutscheinen" durch Apotheken, mit denen
den gesetzlich Krankenversicherten die vorgeschriebene
Eigenbeteiligung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
erspart werden soll, verstößt auch dann gegen die
Arzneimittelpreisbindung, wenn die Gutscheine von
kooperierenden Krankenkassen abgestempelt und an ihre
Versicherten weitergegeben werden. Die Verrechnung von
Zuzahlungsgutscheinen stellt einen unzulässigen Rabatt auf
den verbindlichen Apothekenabgabepreis dar.
2.
Eine dieser Abrechnungspraxis zu Grunde liegende
Kooperationsvereinbarung zwischen einer Apotheke und einer
Krankenkasse sperrt die Anwendbarkeit der
arzneimittelrechtlichen Ermächtigungsgrundlage zur
Untersagung dieses Verhaltens im Rahmen der öffentlich-rechtlichen
Apothekenaufsicht nicht.
Beschluss
des OVG Lüneburg vom 20.06.2008 – 13 ME 61/08 -
17.06.2008
Kündigung
einer Hebamme wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung
Verbleiben
nach der Anhörung des Arbeitnehmers Zweifel am Tathergang,
obliegt es dem Arbeitgeber im Rahmen seiner Pflichten zur
Sachverhaltaufklärung, vor dem Ausspruch einer Verdachtskündigung
jene Personen zu befragen, die an dem Vorfall beteiligt waren
oder Kenntnisse über ihn hatten.
Urteil
des Hessischen LAG vom 17.06.2008 – 4/12 Sa 523/07 -
08.05.2008
Arzthaftungsrecht,
Aufklärung ausländischer Patienten
1.
Der aufklärungspflichtige Arzt hat - notfalls durch
Beiziehung eines Sprachmittlers - sicherzustellen, dass der
ausländische Patient der Aufklärung sprachlich folgen kann
(Aufgabe von Senatsurteil vom 15.01.1998 - 20 U 3654/96 = MedR
1999, 226).
2.
Eine Embolie stellt bei einer "einfachen"
arthroskopischen Knieoperation ein aufklärungspflichtiges
Risiko dar.
Urteil
des Kammergerichts vom 08.05.2008 – 20 U 202/06 -
07.05.2008
Haushaltshilfe
Auch
eine Hebamme kann die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe gemäß
§ 199 RVO bescheinigen. Eine zeitliche Begrenzung
der Haushaltshilfe ist in § 199 RVO nicht
vorgesehen.
Urteil
des SG München vom 07.05.2008 – S 29 KR 1040/05 -
21.04.2008
Fahrlässige
Tötung
Verurteilung
einer Hebamme wegen fahrlässiger Tötung, weil sie eine Steißlage
nicht als solche erkannt hat und nach Erkennen der Steißlage
versäumt hat, rechtzeitig einen Notarzt hinzuzuziehen.
Urteil
des Amtsgerichts Augsburg vom 21.04.2008 – 9 Ds 400 Js
130015/06 -
04.04.2008
Einsichtnahme
von Patienten in die Originalbehandlungsunterlagen
Eine
längere Suchaktion nach Behandlungsunterlagen ist zumutbar,
wenn die mit dem Auffinden der Behandlungsunterlagen
verbundenen Schwierigkeiten vom Krankenhausträger zu
rechtfertigen bzw. zu begründen sind.
LG
Kiel vom 04.04.2008 – 8 O 50/07 -
27.02.2008
Schadensersatz
wegen unterlassener arterieller Blutdruckmessung
Grundsätzlich
bedarf es bei ärztlichen Heileingriffen der Einwilligung
beider Elternteile (§ 1626 BGB). Ausnahmsweise kann
aber davon ausgegangen werden, dass der mit dem Kind
vorsprechende Elternteil aufgrund einer allgemeinen
Funktionsaufteilung zwischen den Eltern ermächtigt ist, für
den Abwesenden die erforderliche Einwilligung in ärztliche
Heileingriffe mit zu erteilen.
Urteil
des Thüringer OLG vom 27.02.2008 – 4 U 2/04 -
27.02.2008
Behandlung
von Privatpatienten im Krankenhaus - Vorteilsausgleich
Beamtete
Chefärzte, denen die persönliche Behandlung von
Privatpatienten mit den Mitteln des Krankenhauses als
Nebentätigkeit
gestattet ist, haben als Nutzungsentgelt zusätzlich zu der
pflegesatzrechtlichen Kostenerstattung des Krankenhauses einen
angemessenen Vorteilsausgleich zu entrichten. Der
Vorteilsausgleich ist der Höhe nach angemessen, wenn er
angesichts der wirtschaftlichen Vorteile der beamteten Chefärzte
sachlich gerechtfertigt und zumutbar ist. Dies ist bei einem
Vorteilsausgleich von 20 v. H. der Bruttoeinnahmen für die
Nebentätigkeit an einer Universitätsklinik zu bejahen.
Urteil
des BVerwG vom 27.02.2008 – 2 C 27/06 -
21.02.2008
Zahlungsanspruch
eines Chefarztes bei Durchführung der Operation durch
angestellten Arzt
1.
Lässt
ein persönlich verpflichteter Arzt die Operation
vertragswidrig von einem angestellten Arzt durchführen,
schuldet der Patient selbst dann keine Vergütung, wenn der
Eingriff sachgemäß erfolgte.
2.
Dem
Chefarzt steht auch kein Bereicherungsanspruch gegen den
Patienten zu. Dabei ist nicht die Wertschätzung der aufgedrängten
Bereicherung durch den Leistungsempfänger (Patient) maßgeblich.
Wurde die in dieser Form nicht geschuldete Operationsleistung
irrtumsfrei oder gar gegen den erklärten Willen des Patienten
erbracht, ist der Arzt nach der gesetzlichen Wertung der
§§ 814, 613 BGB, § 223 StGB
nicht schutzwürdig.
Urteil
des OLG Koblenz vom 21.02.2008 – 5 U 1309/07 -
14.02.2008
Gynäkologische
Untersuchung ohne medizinische Indikation als Körperverletzung
Die
mit einem Eindringen in den Körper verbundene,
ausschließlich sexuell motivierte, "gynäkologische
Untersuchung" stellt keine Körperverletzung dar, wenn
hierdurch Verletzungen oder Schmerzen verursacht wurden noch
ein krankhafter Zustand hervorgerufen oder gesteigert wurde.
Die hierin liegende üble und unangemessene Behandlung allein
genügt für den Körperverletzungserfolg nicht.
Beschluss
des OLG München vom 14.02.2008 - 5 St RR 143/07 -
17.01.2008
Bezeichnung
"Internationale Apotheke"
Das
Recht zur Bezeichnung als "Internationale Apotheke" setzt
nicht voraus, dass in nennenswerten Umfragen gängige ausländische
Arzneimittel vorrätig gehalten werden.
Urteil
des BVerwG vom 17.01.2008 – 3 C 1/07 -
15.01.2008
Selbstbestimmungsrecht
des Patienten bei lebensbedrohlicher Erkrankung
Das
Selbstbestimmungsrecht des Patienten gilt auch dann, wenn es
darauf gerichtet ist, eine aus medizinischen Gründen dringend
erforderliche Maßnahme abzubrechen. Wird der Patient infolge
der Krankheit entscheidungsunfähig, beseitigt dies nicht sein
Selbstbestimmungsrecht. In diesem Falle ist sein
hypothetischer Wille zu ergründen.
Verfügung
der GenStA Nürnberg vom 15.01.2008 – 4 BerL 144/07 -
20.12.2007
Vorzeitiger
Blasensprung: Aufklärung, Selbstbestimmungsrecht,
Einwilligung
Das
Oberlandesgericht Naumburg hat in seinem Urteil vom 20.12.2007
entschieden, dass bei einer geplatzten Fruchtblase zum
Zeitpunkt der abgeschlossenen 30. Schwangerschaftswoche eine
Schnittentbindung nicht in jedem Falle indiziert ist. Vielmehr
stellt das Abwarten mit Förderung der Lungenreife eine echte
Alternative zur Schnittentbindung dar. Aus diesem Grund muss
die Mutter über diese Alternative aufgeklärt werden.
Urteil
des OLG Naumburg vom 20.12.2007 – 1 U 95/06 -
20.12.2007
Schadensersatz
wegen behaupteter Fehler bei einer Schnittentbindung (Sectio
caesarea)
Stehen
mehrere medizinisch sinnvolle und angezeigte
Behandlungsmethoden zur Verfügung, die zu jeweils
unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder
unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten, so muss
der Patient selbst prüfen und mitentscheiden können, was er
an Belastungen und Gefahren im Hinblick auf möglicherweise
unterschiedliche Erfolgschancen der verschiedenen
Behandlungsmethoden auf sich nehmen will.
Urteil
des OLG Naumburg vom 20.12.2007 – 1 U 95/06 -
19.12.2007
Anordnung
des Ruhens der Approbation als Arzt
Zur
Frage der Verfassungsmäßigkeit der Anordnung der sofortigen
Vollziehung des Ruhens der Approbation sowie der Einziehung
der Approbationsurkunde.
Beschluss
des BVerfG vom 19.12.2007 – 1 BvR 2157/07 -
04.12.2007
Entschädigung
wegen religionsbedingter Benachteiligung in einem
Personalauswahlverfahren
Der
Ausschluss einer muslimischen Bewerberin aus dem
Auswahlverfahren um die Besetzung einer von einer Einrichtung
des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in
Deutschland ausgeschriebenen Stelle wegen Nichtzugehörigkeit
zur christlichen Religion verstößt in unzulässiger Weise
gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG und
begründet einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.
Urteil
des ArbG Hamburg vom 04.12.2007 – 20 Ca 105/07 -
29.11.2007
Abbruch
der künstlichen Ernährung
1.
Wollen behandelnder Arzt und Betreuer übereinstimmend die künstliche
Ernährung des Betreuten beenden, ist hierfür dennoch die
vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich.
Werbung
auf dem Gebiete des Heilwesens
Ein
Werbeverbot wie das in § 8 des Gesetzes über die Werbung auf
dem Gebiete des Heilwesens ist nicht anhand der Bestimmungen
der Richtlinie 2001/83 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 06.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes
für Humanarzneimittel in der zuletzt durch die Richtlinie
2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
31.03.2004 geänderten Fassung über die Werbung, sondern
anhand der Art. 28 EG und 30 EG sowie der Art. 11 und 13 des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom
02.05.1992 zu beurteilen. Art. 28 EG und Art. 11 des Abkommens
über den Europäischen Wirtschaftsraum stehen einem solchen
Verbot entgegen, soweit es für die Übersendung von Listen
nicht zugelassener Arzneimittel an Apotheker gilt, deren
Einfuhr aus einem anderen Mitgliedstaat oder aus einem dritten
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen
Wirtschaftsraum nur ausnahmsweise zulässig ist und die keine
anderen Informationen als die über den Handelsnamen, die
Verpackungsgrößen, die Wirkstärke und den Preis dieser
Arzneimittel enthalten.
Urteil
des EuGH vom 18.11.2007 - C-14 306 -
22.10.2007
Gebotene
Befunde erheben
Das
Nichterheben gebotener Befunde kann einen schweren
Behandlungsfehler darstellen, der zu Schadensersatz- und
Schmerzensgeldansprüchen des geschädigten Kindes führt.
Urteil
des OLG Celle vom 22.10.2007 – AZ: 1 U 24/06 -
10.10.2007
Verpflichtungserklärung
und Krankenhauskosten
Ein
Krankenhaus als öffentlich-rechtlicher Eigenbetrieb kann aus
einer Verpflichtungserklärung gem. § 68 Abs. 1 AufenthG
keinen Zahlungsanspruch gegen den Verpflichteten begründen.
Urteil
des VG Darmstadt vom 10.10.2007 – 8 E 2443/05 (2) -
21.08.2007
Leitlinienabweichung
und Beweislastumkehr
Die
von der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
entwickelten Leitlinien für den zeitlichen Ablauf einer
Schnittentbindung (Entschluss-Entwicklungszeit) können nicht
ohne weiteres auf eine Sectio übertragen werden, die nach
einer häuslichen Uterusruptur notfallmäßig durchgeführt
werden muss.
Urteil
des OLG Koblenz vom 24.05.2007 – 5 U 1735/06 -
Hebamme
haftet für das Untätigbleiben des Arztes
Eine
Hebamme muss erkennen, dass das Untätigbleiben eines Arztes
über einen längeren Zeitraum angesichts einer Notsituation
des Kindes gegen alle elementaren Regeln der Geburtshilfe
verstößt. Sie hat in einem solchen Fall den Arzt vehement
und mit allem Nachdruck aufzufordern, die Entbindung des
Kindes zu beschleunigen oder - falls der Arzt weiter untätig
bleibt - selbst die Geburt mittels Kristellerhilfe
voranzutreiben.
Urteil
des OLG Düsseldorf vom 26.04.2007 – AZ: 8 U 37/05 -
25.04.2007
Ablehnung
eines medizinischen Sachverständigen im Arzthaftungsprozess
1.
Nicht jeder geschäftliche oder persönliche Kontakt zu einer
Partei lässt bereits befürchten, dass ein Sachverständiger
einen gerichtlichen Gutachtensauftrag nicht mehr objektiv und
unvoreingenommen bearbeitet. Insbesondere muss ein Herausgeber
wissenschaftlicher Veröffentlichungen nicht notwendigerweise
eng mit anderen Mitherausgebern zusammenarbeiten. Nicht zu
beanstanden ist auch, dass sich Experten auf einem Fachgebiet
bei Kongressen begegnen, in gemeinsamen fachlichen
Arbeitsgemeinschaften wissenschaftlich austauschen oder bei
einem größeren Forschungsobjekt zusammenarbeiten.
2.
(...)
Beschluss
des OLG München vom 27.10.2006 - 1 W 2277/06 -
25.07.2006
Protestaktionen
vor Praxis für Schwangerschaftsabbrüche
Werbung
auf der Website
Es
verstößt gegen § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG, wenn ein
Heilpraktiker in öffentlicher Werbung mit den Bezeichnungen
"TCM", "Craniosacral", "Tuina"
"Qi-Gong" wirbt, ohne diese gleich an Ort und Stelle
allgemein verständlich zu erklären.
Urteil
des LG Düsseldorf vom 24.07.2006 – AZ: 12 O 66/05 -
13.07.2006
1.
Ergibt sich im Rahmen einer sectio ein Befund, den der Arzt
bei weiteren Schwangerschaften für gefährlich hält, ist die
deswegen ungefragt vorgenommene Sterilisation weder von einer
mutmaßlichen noch von einer hypothetischen Einwilligung der
Patientin gedeckt.
2.
Dass der Arzt bei einem Eingriff für die Aufklärung
beweispflichtig ist, ändert nichts daran, dass die Patientin
eine unterbliebene Aufklärung beweisen muss, wenn sie darauf
einen Vermögensschaden stützt (hier: Kosten der überflüssig
eingenommenen Antikonzeptiva).
3.
Zur Schmerzensgeldbemessung bei ungewollter Sterilisation
einer 22-jährigen Zweitgebärenden.
Urteil des OVG Koblenz vom 13.07.2006 – 5 U 290/06 -
18.05.2006
Umfang
der ärztlichen Aufklärungs- und Geburtsleitungspflicht
1.
Dass eine Zweitgebärende ihr erstes Kind durch Kaiserschnitt
zur Welt gebracht hat und nunmehr eine natürliche Geburt wünscht,
enthebt den Arzt bei einer Risikolage nicht der Verpflichtung,
darüber und über die Möglichkeit einer Sectio aufzuklären.
2.
Die Fehlprognose des Geburtsgewichts und das Nichterkennen der
daraus resultierenden Risikolage führen nicht zur Haftung des
Arztes wegen eines Aufklärungsversäumnisses, wenn er alle maßgeblichen
Befunde sachgemäß erhoben und in vertretbarer Weise gedeutet
hat.
3.
Fehlen Anhaltspunkte für ein makrosomes Kind, erfordert die
Geburtsleitung nicht die unmittelbare Anwesenheit eines
Facharztes, wenn der Assistenzarzt einen genügenden
Ausbildungsstand und hinreichende praktische Erfahrungen hat.
Dies ist nicht dadurch in Frage gestellt, dass die weitere
Entwicklung des Kindes durch das McRoberts-Manöver misslingt.
4.
Gelingt es der Hebamme nach einem hohen Schultergradstand und
stillstehender Geburt, das Kind vollständig zu entwickeln, führt
eine Schulterdystokie nicht zur Haftung des Krankenhauses,
wenn nicht feststeht, dass die Hebamme in unsachgemäßer
Weise auf das Kind eingewirkt hat.
OLG
Koblenz, Urteil vom 18.05.2006
- 5 U 330/02 -
19.04.2006
Widerruf der Approbation eines Apothekers
1.
Die in § 6 Abs. 2 BApO i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO bestimmte
Anordnung des Widerrufs der Approbation bei Unwürdigkeit zur
Ausübung des Apothekerberufs ist mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG
vereinbar.
2.
Ein wegen Mordes rechtskräftig verurteilter Apotheker ist zur
Ausübung des Apothekerberufs unwürdig.
Beschluss des VGH Mannheim vom 19.04.2006
– 9 S 2317/05 -
06.04.2006
Umfang der Haftung eines zufällig am
Unfallort anwesenden Arztes
1.
In einem Notfall lässt der bloße Hinweis eines zufällig
anwesenden Arztes auf seinen Beruf nicht den Rückschluss zu,
dieser wolle einen Behandlungsvertrag mit dem Unfallopfer bzw.
dessen gesetzlichen Vertretern abschließen. Die Übernahme
der Hilfeleistung im Einvernehmen mit den Angehörigen des
Unfallopfers durch den Arzt erfolgt vielmehr aufgrund eines
unentgeltlichen Auftrags.
2.
Es mag noch zumutbar und gerechtfertigt sein, einen zufällig
am Unglücksort anwesenden Arzt bezüglich der Anforderungen
an den objektiven Sorgfaltsmaßstab an denjenigen Kenntnissen
und Fähigkeiten zu messen, über die er berufsbedingt verfügen
muss, zumal wenn er zu erkennen gibt, dass er Arzt ist und
damit die Anwesenden auf seine Qualifikation vertrauen.
Weitergehende Haftungsverschärfungen aus dem Beruf des
Helfers abzuleiten, erscheinen jedoch nicht sachgerecht,
selbst wenn dieser von sich aus oder auf Nachfrage offenbart,
dass er Arzt ist.
3.
Liegt kein Behandlungsverhältnis vor, sondern leistet ein zufällig
am Unfallort anwesender Arzt entsprechend der gesetzlichen
Pflicht die Hilfe, die jeder Dritte auch zu erbringen hätte,
würde die Anwendung der im Arzthaftungsrecht entwickelten
Beweislastgrundsätze zu einer sachlich nicht gerechtfertigten
und für einen Arzt unvermeidbaren Haftungsverschärfung in
Notfällen führen.
4.
Nicht alle in der universitären Ausbildung vermittelten
Kenntnisse zählen zu den fundamentalen Grundlagen, deren Außerachtlassen
für einen Arzt schlechterdings unverständlich ist.
Urteil
des OLG München vom 06.04.2006 – 1 U 4142/05 - (nicht
rechtskräftig)
16.03.2006
Unzulässige
Verwendung der Bezeichnung "Bodenseekanzlei"
Die
Bezeichnung einer Anwaltskanzlei als "Bodenseekanzlei" ist
wettbewerbswidrig, da diese Wortschöpfung eine Region und den
gesamten Wirtschaftsraum Bodensee mit der Kanzlei in Beziehung
setzt. Damit wird dem Rechtsuchenden suggeriert, dass diese
Kanzlei in diesem speziellen Wirtschaftsraum eine
Spitzenstellung gegenüber anderen Kanzleien in Anspruch
nimmt.
OLG
Stuttgart, Urteil vom 16.03.2006
- 2 U 147/05 -
09.03.2006
Missbrauch einer Krankenversicherungskarte
Die
Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen unter Vorlage
einer Krankenversicherungskarte trotz Kündigung der
Mitgliedschaft erfüllt nicht den Tatbestand des
Computerbetrugs nach § 263 a StGB. Es kommt jedoch eine
Strafbarkeit wegen Betrugs in Betracht.
Beschluss des OLG Hamm vom 09.03.2006 –
1 Ss 58/06 -
19.09.2005
Schmerzensgeld
bei fehlerhafter Gabe eines Schmerzmittels
Erleidet
ein Kind, dessen Mutter kurz vor seiner Geburt aus
Fehlverhalten des Klinikpersonals ein Schmerzmittel
verabreicht wurde, gegen dessen Wirkstoffe eine der Klinik
bekannte Allergie der Mutter bestand, infolge des dadurch
eingetretenen Kreislaufschocks der Mutter eine schwere
perinatale Hirnschädigung, die zu einer komplexen,
tiefgreifenden körperlichen wie mentalen Entwicklungsstörung
mit erheblicher Behinderung der Sprachentwicklung,
Kommunikationsfähigkeit, Koordination und Autonomie geführt
hat und sich bei Zeichen einer zunehmenden Invalidisierung und
vollständigen Immobilität auch in einer dystonen Tetraparese
mit Dyskinesiemerkmalen, einer Spitzfußstellung und Athetose,
einem Krampfleiden sowie einer Stuhl- und Harninkontinenz äußert,
sind 350.000,00 EUR Schmerzensgeld sowie eine
Schmerzensgeldrente von 500,00 EUR monatlich nicht zu hoch
bemessen. Dabei spielt es
allenfalls eine untergeordnete Rolle, in welchem Ausmaß die
Erlebnis- und Empfindungsfähigkeit des Kindes eingeschränkt
ist.
Beschluss des OLG München vom 19.09.2005 – 1 U 2640/05 -
08.09.2005
Hebammenleistungen bei Adoption
Die
Krankenkasse der Mutter ist verpflichtet, die Kosten für die
Hebammenhilfe zu übernehmen.
Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom
08.09.2005 – S 8 (26) KR 1/04 –
20.07.2005
Beweislast im Arzthaftungsprozess
Eine
objektiv gebotene, aber wegen eines vorwerfbaren
Diagnoseirrtums folgerichtig unterlassene Befunderhebung kann
nicht Anknüpfungspunkt für Beweiserleichterungen in Bezug
auf die Schadensursächlichkeit sein, wenn der Diagnoseirrtum
seinerseits nicht als grober Behandlungsfehler zu
qualifizieren ist.
Urteil des OLG Köln vom 20.07.2005 – 5
U 200/04 -
15.07.2005
Schadensersatzklage
gegen Arzt nach Erstattungsverweigerung der Krankenkasse
1.
Muss der Arzt, der dem Patienten eine stationäre Behandlung
vorschlägt, begründete Zweifel haben, ob der private
Krankenversicherer des Patienten die Behandlung im Krankenhaus
als notwendig ansehen und die Kosten dafür übernehmen wird,
so hat er die vertragliche Pflicht, den Patienten darauf
hinzuweisen (im Anschluss an BGH, NJW 1983, 2630).
2.
Im Prozess zwischen dem Arzt/Krankenhausträger und dem
Patienten, der den Schadensersatz wegen der unterlassenen
Aufklärung geltend macht, wird nicht geprüft, ob die
ablehnende Praxis des Krankenversicherers in derartigen Fällen
berechtigt und die vorgeschlagene stationäre Behandlung tatsächlich
als nicht notwendige Behandlung im Sinne der
Krankenversicherungsbedingungen (§ 1 Abs. 2 MB/KK)
anzusehen ist; allein die dem Arzt bekannte Bestreitens- und
Nichtanerkennungspraxis des Krankenversicherers genügt, um
ihn zur Aufklärung zu verpflichten.
3.
Der Patient kann den Schadensersatz wegen unterlassener Aufklärung
nur unter der Vorraussetzung geltend machen, dass er für den
Fall des Bestehens der Kostenerstattungspflicht des
Krankenversicherers den möglichen Erstattungsanspruch gegen
den Versicherer dem Arzt/Krankenhausträger abtritt (§ 255 BGB
analog). Enthalten die Krankenversicherungsbedingungen ein
Abtretungsverbot (§ 6 Abs. 4 MB/KK), kann der
Patient den Schadensersatz erst geltend machen, wenn er eine
Erklärung des Versicherers vorlegt, dass er auf das
Abtretungsverbot in diesem Fall verzichtet.
Urteil
des LG Karlsruhe vom 15.07.2005 – 5 S 124/04 –
22.06.2005
Berufswidrige
Werbung im Heilberufsrecht
1.
Zur Frage der Anwendbarkeit des Gedankens der Meisterbegünstigung
(§ 2 Abs. 3 StGB) auf das Heilberufsrecht (im
Anschluss an BVerwGE 120, 218 [225] = NVwZ 2005, 96, das eine
Übertragbarkeit im Disziplinarrecht annimmt).
2.
Zum Einzelfall einer berufswidrigen Werbung (hier: Verwendung
irreführender Angaben und Anzeigen und Zeitungsartikeln).
3.
Das Werbeverbot für Ärzte soll dem Schutz der Bevölkerung
dienen. Es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten,
dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen
vornimmt, Behandlungen vorsieht oder Medikamente verordnet.
Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an ökonomischen
Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten
orientieren. Das Werbeverbot beugt einer gesundheits-politisch
unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs vor, die
einträte, wenn der Arzt Werbemethoden verwendete, wie sie in
der gewerblichen Wirtschaft üblich sind.
4.
Dem Arzt allerdings nicht jede, sondern lediglich solche
Werbung verboten, die keine interessengerechte und
sachangemessene Information darstellt. Vorschriften, die die
Arztwerbung derart restriktiv einschränken, dass sie nur
anlassbezogene Werbung (bei Niederlassung, Praxisaufgabe usw.)
erlauben und bestimmte Medien vollkommen ausschließlich (z.B.
persönliche Schreiben oder den Rundfunk), sind
verfassungswidrig. Berufliche Werbung bedarf keiner besonderen
Anlässe.
Urteil
des OVG Münster vom 22.06.2005 – 6t A 53/03.T -
09.05.2005
Kein
Arztverschulden für gesundheitsschädigende Nebenwirkungen
bei hochdosierter Puffertherapie zur Abwendung eines
lebensbedrohenden septischen Schocks
1.
Deliktsrechtlich haftet jeder Arzt im Krankenhaus nur für
eigene Fehler. Der ärztliche Kollege ist nicht sein
Verrichtungsgehilfe. Im Verhältnis der gebärenden
Kassenpatientin zum Krankenhaus kommt ein Vertragsverhältnis
zu Stande, in dessen Schutzwirkungen das Kind als begünstigter
Dritter einbezogen wird.
2.
Ärztliche Heileingriffe bedürfen der Einwilligung des
Patienten, um rechtmäßig zu sein. Diese Einwilligung kann
nur wirksam erteilt werden, wenn der Patient über den Verlauf
des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, seine Risiken und mögliche
Behandlungsalternativen sachgemäß aufgeklärt worden ist.
3.
Eine vitale Indikation einer bestimmten ärztlichen Maßnahme
entbindet den behandelnden Arzt nicht von der Pflicht zur
Aufklärung. Der Patient oder sein Vertreter, der sich auf
einen Aufklärungsmangel berufen will, muss in Fällen der
vitalen Indikation plausible Gründe dafür darlegen, dass er
sich bei erfolgter Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt
befunden haben würde. Ferner obliegt dem Patienten oder
seinem Vertreter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass
eine Schadensfolge, für die Ersatz verlangt wird, durch einen
eigenmächtigen ärztlichen Eingriff verursacht worden ist.
4.
War eine hochdosierte Puffertherapie zur Abwendung eines
lebensbedrohenden septischen Schocks das einzige Mittel zur
Lebensrettung des Kindes, dann fehlt es an einem Verschulden
der behandelnden Ärzte für etwaige gesundheitsschädigende
Nebenwirkungen. Bei der Abwägung der gefährdeten Rechtsgüter
kann ein schuldhafter Pflichtverstoß der Ärzte nicht darin
gesehen werden, dass sie gesundheitlich riskante Maßnahmen
zur Lebensrettung eingesetzt haben.
OLG
Koblenz,
Urteil vom 09.05.2005 -
12 U 420/02 -
02.05.2005
Geschwindigkeitsüberschreitung
durch Arzt
Nach
einer Entscheidung des OLG Köln vom 02.05.2005 kann ein Arzt
bei einer Verletzung von Verkehrsvorschriften (hier:
Geschwindigkeitsüberschreitung) durch Notstand (§ 16 OWiG)
gerechtfertigt sein, wenn nur so die erforderliche Hilfe für
einen Schwerkranken geleistet werden kann. Die Rechtfertigung
ist nicht grundsätzlich wegen der Möglichkeit
ausgeschlossen, einen ärztlichen Notdienst zu verständigen.
Verkennt
der Betroffene die gesetzlichen Voraussetzungen des
Rechtfertigungsgrundes oder seiner Grenzen, liegt zwar ein bloßer
Verbotsirrtum vor. Ein vermeidbarer Verbotsirrtum kann aber
die Tat nach der Entscheidung des OLG Köln in einem milderen
Licht erscheinen lassen. Insbesondere bei einem mit
Rettungswillen begangenen Verkehrsverstoß kann die Abwägung
ergeben, dass er dem Betroffenen nicht als grobe
Pflichtverletzung anzulasten ist und daher ein Absehen von der
Verhängung eines Regelfahrverbots in Betracht kommt.
Beschluss
des OLG Köln vom 02.05.2005 – 8 Ss-OWi 98/05 -
10.09.2004
Behandlung
von Minderjährigen, grober Behandlungsfehler und
Schmerzensgeld
1.
Die Klage gegen einen beamteten Chefarzt ist – soweit daneben
auch der Anstellungsträger in Anspruch genommen wird –
wegen des Haftungsprivilegs aus § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB
unbegründet.
2.
Bei der Behandlung von Minderjährigen ist im Zweifel
anzunehmen, dass der Vertrag als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB)
mit den gesetzlichen Vertretern des minderjährigen Patienten
zustande kommt.
3.
Das Unerlassen eines Tastbefundes zur Bestimmung der Kindslage
vor Anlegen des Wehentropfs stellt einen einfachen
Behandlungsfehler dar.
4.
Sowohl die vorzeitige Sprengung der Fruchtblase bei einer Frühgeburt
(29. SSW) nach unklarem Tastbefund als auch die einstündige
Nichtreaktion der behandelnden Ärzte auf ein länger
andauerndes, über 30 Minuten hochpathologische Muster
ausweisendes CTG stellen grobe Behandlungsfehler dar.
5.
Auch wenn die schicksalhaft bedingte Frühgeburt als
wesentliche Hauptursache des Hirnschadens anzusehen ist, gibt
es daneben noch denkbare zusätzliche, prä-, peri- und
postnatale Ursachen für den eingetretenen Hirnschaden – wie
hier die intrapartale Sauerstoffversorgungsstörung -, ohne
deren Vorhandensein die besondere Schwere des Hirnschadens
schlicht nicht vorstellbar ist. Wegen der fehlenden
Abgrenzbarkeit der verschiedenen Ursachen muss sich der Schädiger
– wegen der Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern
– den Gesamtschaden zurechnen lassen.
6.
Eine Lungenentfaltungsstörung wegen Surfactantmangels ist
zwar geradezu ein beispielhafter Grund für hypoxische Hirnschäden
bei Frühgeborenen, neben der Unreife kann die
Lungenentfaltungsstörung aber auch durch eine intrapartale
verursachte Hypoxie verursacht oder jedenfalls verstärkt
worden sein .
7.
Zur Bemessung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 350.000,00
DM (= 178.952,00 EUR) bei schwersten lebenslangen Behinderungen
infolge eines Geburtsschadens ("Shunt-pflichtiger –
also ventilversorgter - posthämorragischer Hydrocephalus
internus" verbunden mit einer "schweren infantilen
Cerebralparese – Mischform mit Spannungsathetose -",
allgemeine schwere Entwicklungsstörung aller Großhirnfunktionen,
d.h. der psychomentalen, der psychosozialen, psychomotorischen
und der Sprachentwicklung, schwere, vorwiegend spastische,
beinbetonte Tetraparese, die Gehen und Aufrechtsitzen
ausschließt, Erforderlichkeit ständiger Hilfe einer
Pflegeperson im Rahmen einer Rundumbetreuung Tag und Nacht).
Urteil
des OLG Schleswig vom 10.09.2004 – 4 U 31/07 -
02.06.2004
Eheaufhebung
wegen verschwiegener Sterilisation des Ehemannes
Hat
der zur Aufhebung der Ehe wegen arglistiger Täuschung über
eine persönliche Eigenschaft (hier: Sterilisation)
berechtigte Ehegatte nach Aufdeckung der Täuschung noch
einige Monate mit dem anderen zusammengelebt, kann dies nicht
als Bestätigung (§ 1315 BGB) gewertet werden, wenn
er in dieser Zeit durchgehend, aber vergeblich versucht hat,
den andern zur Teilnahme an medizinischen Maßnahmen zur
Behebung der störenden Eigenschaften zu veranlassen.
Beschluss
des OLG Stuttgart vom 02.06.2004 – 16 WF 110/04 -
26.03.2004
Abbruch
lebensverlängernder Maßnahmen
1.
Eine Entscheidung des Betreuers gegen eine lebenserhaltende
oder lebensverlängernde Behandlung des Betreuten und die
vormundschaftsgerichtlichen Zustimmung kommen auch dann in
Betracht, wenn das Leiden des Betroffenen einen irreversiblen
tödlichen Verlauf angenommen hat, ohne dass der Tod in kurzer
Zeit bevorsteht.
2.
In Verfahren, deren Gegenstand die vormundschaftsgerichtliche
Zustimmung zu der Entscheidung des Betreuers gegen eine
lebenserhaltende oder lebensverlängernde Behandlung des
Patienten ist, muss dem Betreuer zwingend ein
Verfahrenspfleger bestellt werden.
Beschluss
des OLG Karlsruhe vom 26.03.2004 – 11 Wx 13/04 -
16.03.2004
Anordnung
der sofortigen Vollziehung des Ruhens der ärztlichen
Approbation
Die
Anordnung der sofortigen Vollziehung des Ruhens der ärztlichen
Approbation ist zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsgüter
Leben und körperliche Unversehrtheit regelmäßig
erforderlich, wenn hinreichende konkrete Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass der Arzt bei der Ausübung seines Berufs
Straftaten gegen das Leben von Patienten begangen hat, und
nicht auszuschließen ist, dass dies in Zukunft wieder
geschieht.
Beschluss
des OVG Lüneburg vom 16.03.2004 – 8 ME 164/03 -
21.01.2004
Ruhen
der ärztlichen Approbation
1.
Zur Rechtfertigung des Sofortvollzugs des Ruhens der ärztlichen
Approbation bedarf es wegen der Eingriffsintensität der Maßnahmen,
vor allem der damit verbundenen gravierenden Auswirkungen auf
die berufliche Tätigkeit des Betroffenen, zusätzlicher Gründe,
die im angemessenen Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs
stehen und die ein Zuwarten bis zum rechtskräftigen Abschluss
des Hauptverfahrens ausschließlich; erforderlich ist hierzu
die Feststellung, dass jede weitere Berufstätigkeit des
Arztes konkrete Gefahr für Dritte befürchten lässt.
2.
Eine konkrete Patientengefährdung kann im Einzelfall bei einer Einschränkung der ärztlichen Tätigkeit
verneint werden.
Beschluss
des OVG Saarlouis vom 21.01.2004 – 1 W 29/03 -
02.10.2003
Kein
anderer Standard für Behandlung von Privatpatienten
1.
Die vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen
erstellten Mutterschaftsrichtlinien geben den ärztlichen
Standard wieder; sie dürfen nicht unterschritten, müssen
aber ohne Anlass nicht überschritten werden.
2.
Die Mutterschaftsrichtlinien gelten als ärztlicher Standard
unabhängig davon, ob die Patientin gesetzlich, privat oder überhaupt
nicht versichert ist.
3.
Eine über diese Richtlinie hinausgehende allumfassende
Untersuchung bedarf einer ausdrücklichen oder zumindest den
Umständen nach getroffenen Abrede der Parteien im Rahmen des
Behandlungsvertrages.
Urteil
des KG vom 02.10.2003 – 20 U 402/01 -
09.09.2003
Ärztlicher
Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit
1.
Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 über bestimmte
Aspekte der Arbeitszeitgestaltung ist dahin auszulegen, dass
der Bereitschaftsdienst, den ein Arzt in Form persönlicher
Anwesenheit im Sinne dieser Richtlinie darstellt, auch wenn es
dem Betroffenen in Zeiten, in denen er nicht in Anspruch
genommen wird, gestatten ist, sich an seiner Arbeitsstelle
auszuruhen, so dass die Richtlinie der Regelung eines
Mitgliedstaates entgegenstehen, nach der Zeiten, in denen ein
Arbeitnehmer während eines Bereitschaftsdienstes untätig
ist, als Ruhezeit eingestuft werden.
2.
Die Richtlinie 93/104/EG ist ferner dahin auszulegen, dass
-
sie unter Umständen denjenigen des Ausgangsverfahren der
Regelung eines Mitgliedstaates entgegensteht, die bei einem in
Form persönlicher Anwesenheit im Krankenhaus geleisteten
Bereitschaftsdienst – gegebenenfalls über einen
Tarifvertrag oder eine auf Grund eines Tarifvertrages
getroffene Betriebsvereinbarung – einen Ausgleich nur der
Bereitschaftszeiten zulässt, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich
eine berufliche Tätigkeit ausgeübt hat;
-
eine Kürzung der täglichen Ruhezeit von elf zusammenhängenden
Stunden durch Ableistung eines Bereitschaftsdienstes, der zur
regelmäßigen Arbeitszeit hinzukommt, nur dann unter die
Abweichungsbestimmungen in Art. 17 Abs. 2 Nr. 2.1 lit. C Nr. i
dieser Richtlinie fällt, wenn den betroffenen Arbeitnehmern
gleichwertige Ausgleichsruhezeiten im unmittelbaren Anschluss
an die entsprechenden Arbeitsperioden gewährt werden;
-
eine solche Kürzung der täglichen Ruhezeiten darüber hinaus
in keinem Fall zu einer Überschreitung der in Art. 6 der
Richtlinie festgesetzten Höchstdauer der wöchentlichen
Arbeitszeit führen darf.
Urteil
des EuGH (Plenum) vom 09.09.2003 – Rs. C-151/02 -
23.07.2003
Amtspflichtverletzung
des Jungendhilfeträgers bei Misshandlungen des Pflegekindes
1.
Ein Träger der Jugendhilfe verletzt seine gegenüber den Kind
oder Jugendlichen bestehenden Amtspflichten, wenn er trotz des
aus Gründen der Ortsnähe eingetretenen Zuständigkeitswechsels
gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII rechtswidrig die Übernahme
der Hilfeleistung ablehnt .
2.
Bei der gemäß § 86 Abs. 6 SGB VIII
anzustellenden Prognose über den dauerhaften Verbleib des
Kindes in der Pflegefamilie sind alle bekannten Umstände
einzubeziehen. Für diese Prognose ist die Vorlage eines
Hilfeplans keine unabdingbare Vorraussetzung. Liegt ein
Hilfeplan vor, wird das neu zuständig werdende Jugendamt in
der Regel an die Prognose im Hilfeplan gebunden sein.
3.
Nach einem Zuständigkeitswechsel gemäß § 86 Abs.
6 SGB VIII
auf das jetzt ostsnahe Jugendamt entlastet eine fortdauernde
Leistungserbringung des bisher zuständig gewesenen Jugendamts
gemäß § 86c SGB VIII weder vom Wortlaut
noch vom Zweck dieser Vorschrift, Versorgungslücken zu
verhindern, das neu zuständig gewordene Jugendamt von seiner
Zuständigkeit und der sich daran anknüpfenden Verpflichtung
zur Leistungserbringung. Vielmehr tritt die
Leistungsverpflichtung des früher zuständig gewesenen
Jugendamts lediglich ergänzend neben die primäre
Leistungsverpflichtung des neuen Trägers.
4.
Sowohl der Grundrechtsschutz des Kindes oder Jugendlichen als
auch die Vorschriften des SGB VIII gebieten es, neben den
Pflegeeltern auch das Kind persönlich anzuhören und in die
es betreffenden Entscheidungen einzubeziehen, soweit dies
seine Entwicklung gestattet. Nach einem Zuständigkeitswechsel
wird das neu zuständig gewordene, ortsnahe Jugendamt sich
regelmäßig innerhalb eines angemessenen Zeitraums ein
eigenes Bild vom Kind oder Jugendlichen und dessen Lebensumständen
machen und sich als Ansprechpartner auch des Kindes anbieten müssen.
Ein Träger der Jugendhilfe, der unbesehen und ohne jegliche
Mitwirkung des Kindes die Gewährung von Leistungen nach dem
SGB VIII fortsetzt, verletzt seine gegenüber dem Kind
bestehenden Amtspflichten und haften für die Missstände der
Versorgung des Kindes, wenn diese bei einem Besuch
des indes in der Pflegefamilie erkennbar gewesen wären.
Urteil
des OLG Stuttgart vom 23.07.2003 – 4 U 42/03 -
08.07.2003
Geburtsleitung
durch erfahrene Hebamme bei Schulterdystokie
1.
Es ist nicht zu beanstanden, dass bei einer bevorstehenden
Geburt, bei der sich zunächst keine Risikokonstellation
abzeichnet, die erfahrene Hebamme die Geburtsleitung übernimmt
und die mit anwesende, unerfahrene Assistenzärztin, die bis
dahin noch nie eine Geburt eigenverantwortlich leitete, der
Hebamme lediglich helfend zur Hand geht.
2.
Bei einer derartigen Rollenverteilung bestehen Anhaltspunkte für
Behandlungsfehler der helfenden Assistenzärztin nur dann,
wenn für diese Fehler der Hebamme erkennbar wurden und die Ärztin
daraufhin hätte handeln müssen (beispielsweise durch frühzeitigere
Heranziehung des Facharztes) oder wenn die Ärztin bei ihren
Unterstützungsmaßnahmen selbst Fehler beging.
3.
Wenn bei einer derartigen Rollenverteilung während der Geburt
eine Schulterdystokie auftritt, der Facharzt auch schon
informiert und herbeigerufen ist, hat die unerfahrene
Assistenzärztin der erfahrenen Hebamme den Vortritt bei
weiteren erforderlichen geburtshilflichen Maßnahmen zu
lassen.
Urteil
des OLG Stuttgart vom
08.07.2003
- 1 U 104/02 -
13.05.2003
Übernahme
von Krankheitskosten im EU-Ausland
1.
Art 59 EGV (nach Änderung jetzt Art. 49 EG)
und Art. 60 EGV (jetzt Art. 50 EG) sind
dahin auszulegen, dass sie Rechtsvorschriften eines
Mitgliedstaates nicht entgegenstehen, die wie die in den
Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Übernahme der Kosten
für eine Krankenhausversorgung in einem anderen
Mitgliedsstaat als dem der Niederlassung der Krankenkasse des
Versicherten durch einen Leistungserbringer, mit dem diese Kasse
keine vertragliche Vereinbarung getroffen hat, davon abhängig
machen, dass die Kasse vorher ihre Genehmigung erteilt, und
nach denen diese Genehmigung nur erteilt wird, wenn die
medizinische Behandlung des Versicherten es erfordert. Die
Genehmigung kann jedoch nur dann aus diesem Grund versagt
werden, wenn die gleiche oder eine für den Patienten ebenso
wirksame Behandlung rechtzeitig in einer Einrichtung erlangt
werden kann, die eine vertragliche Vereinbarung mit der
betreffenden Kasse getroffen hat.
2.
Dagegen stehen die Art. 59 und 60 EGV
diesen Rechtsvorschriften entgegen, wenn sie die Übernahme
der Kosten für eine Versorgung, die in einem anderen
Mitgliedsstaat außerhalb eines Krankenhauses durch eine
Person oder Einrichtung erfolgt, mit der die Krankenkasse des
Versicherten keine vertragliche Vereinbarung getroffen hat,
davon abhängig machen, dass die betreffende Kasse vorher ihre
Genehmigung erteilt, auch wenn die fraglichen nationalen
Rechtsvorschriften ein Sachleistungssystem einführen, in
dessen Rahmen die Versicherten Anspruch nicht auf die
Erstattung der Kosten für die medizinische Versorgung,
sondern auf die Versorgung selbst haben, die kostenlos erfolgt.
Urteil
des EuGH (Plenum) vom 13.05.2003 – Rs. C-385/99 -
23.04.2003
Qualifizierung
ärztlicher Abtreibung als "rechtswidrig" in
Flugblatt
1.
Die Einstufung der in Deutschland vorgenommenen Abtreibungen
als "Mord an unseren Kindern" und als "neuer
Holocaust" wird vom Grundrecht der Meinungsfreiheit
getragen, auch wenn sie in Bezug auf die Person und die ärztliche
Tätigkeit eines namentlich genannten Frauenarztes erfolgt.
Ein solcher Beitrag zur politischen Willensbildung in dieser
Öffentlichkeit besonders berührenden fundamentalen
Streitfrage muss wegen der konstitutiven Bedeutung der
Meinungsfreiheit für den demokratischen
Willensbildungsprozess selbst dann hingenommen werden, wenn
die geäußerte Meinung extrem erscheint.
2.
Die Qualifizierung der Abtreibungen als "rechtswidrig" in
dem vom Kläger bekämpften Flugblatt knüpft erkennbar an der
gegenwärtigen Rechtslage an, wie sie durch die spezielle
Rechtskonstruktion des BVerfG geprägt ist, wonach Abbrüche
nach Beratung ohne ärztliche Indikation "rechtswidrig, aber
nicht strafbar" sind. Damit handelt es sich bei der
angegriffenen Äußerung um eine (dem Beweis zugängliche)
Tatsachenbehauptung und nicht um eine eigene strafrechtliche
Bewertung der Tätigkeit des Klägers. Die Auslegung dieser
Aussage dahin, der Kläger nähme gesetzeswidrige, also vom
Gesetz nicht zugelassene Schwangerschaftsabbrüche vor, lässt
die gebotene Gesamtbetrachtung bei der Deutung der konkret
beanstandeten Äußerung außer Acht und stellt schon deshalb
einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit dar.
Urteil
des OLG Karlsruhe vom 23.04.2003 – 6 U 189/02 -
08.04.2003
Verabreichung
wehenfördernder
Mittel
1.
Kommt es auch im Grundsatz bei der Beurteilung der zu
beachtenden ärztlichen Sorgfalt auf den Zeitpunkt der
Behandlungsmaßnahme an, bestimmt sich deren Fehlerhaftigkeit
doch nach objektiver, auch nachträglicher Erkenntnis.
2.
Das Verabreichen wehenfördernder Mittel statt Maßnahmen
einer intrauterinen Reanimation sowie Durchführung einer
Notsectio bei anhaltender Dezelaration erweist sich jedenfalls
dann als nicht behandlungsfehlerhaft, wenn es tatsächlich
innerhalb kürzester Zeit zu einer Spontangeburt des Kindes
kommt.
Urteil
des OLG Zweibrücken vom 08.04.2003 – 5 U 26/01 -
13.02.2003
Auskunftsverlangen
über leibliche Verwandte nach anonymer Geburt
1.
- 3. (...)
4.
Zu der Entwicklung der Person gehört das Recht, notwendige
Informationen über wesentliche Aspekte ihrer eigenen Identität
oder die ihrer Eltern zu erhalten. Die Geburt und die Umstände,
unter denen sie stattgefunden hat, sind Teil des Privatlebens
des Kindes und später des Erwachsene, das von Art. 8 EMRK
geschützt wird.
5.
Bei der Anwendung von Art. 8 EMRK auf Regelungen über
die anonyme Geburt müssen die Interessen aller Beteiligten
abgewogen werden, einschließlich die der Adoptiveltern, außerdem
das öffentliche Interesse daran, die Gesundheit von Mutter
und Kind zu schützen sowie Abtreibungen und das „wilde“
Aussetzen von Kindern zu vermeiden.
6.
(...)
Urteil
des EGMR (Große Kammer) vom 13.02.2003 – 42326/98 -
13.02.2003
Kein
Anspruch auf Mitwirkung an einer gewünschten Sterbehilfe
1.
Aus einem Heimvertrag ergeben sich keine vertraglichen Ansprüche
auf Mitwirkung an der Herbeiführung des Todes durch
Einstellung der künstlichen Ernährung nach Maßgabe einer ärztlichen
Verordnung.
2.
Mit dem Gebot des Lebensschutzes des Betreuten gemäß Art. 1 Abs.
1 GG
wäre es unvereinbar, wenn ein Sterbewille des zu einer
Willensentschließung nicht mehr fähigen Klägers von den
Parteien "unstreitig" gestellt werden könnte.
3.
Pflegekräfte können sich unter Berufung auf ihre
Gewissensentscheidungen nach Art. 1, 2, 4 GG weigern,
an einer gewünschten Sterbehilfe mitzuwirken.
Urteil
des OLG München vom 13.02.2003 – 3 U 5090/02 -
29.01.2003
Berufsvergehen
eines Arztes
1.
Zum Berufsvergehen eines Arztes für innere Medizin wegen
unzureichender Hilfe als Notarzt und wegen Nichtabführung des
für die Sozialversicherung bestimmten Teils des
Arbeitsentgeltes seines Personals.
2.
Zum Inhalt der berufsrechtlichen Pflichten eines
niedergelassenen Arztes bei der Wahrnehmung des
Notfalldienstes.
Urteil
des OVG Münster vom 29.01.2003 – 6t A 1039/01.T -
15.01.2003
Widerruf
der Approbation als Zahnarzt
Der
Widerruf der Approbation als Zahnarzt wegen Unzuverlässigkeit
oder Unwürdigkeit ist nicht gerechtfertigt bei zum maßgebenden
Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung mindestens zwei Jahre
zurückliegenden Verkehrsdelikten (unter anderem
Trunkenheitsfahrten), aber ansonsten beruflich ordnungsgemäßem
Verhalten.
Beschluss
des OVG Münster vom 15.01.2003 – 13 A 2774/01 -
21.10.2002
Führung
eines scheinbar geschlechtsneutralen ausländischen Vornamens
(Mienaatchi)
Die
Benennung eines Kindes mit einem nach deutscher
Sprachvorstellung geschlechtsneutralen Vornamen, der im
Herkunftsland der Eltern als Mädchenname verwandt wird,
verletzt die allgemeine Sitte und Ordnung nicht.
Beschluss
des OLG Stuttgart vom 21.10.2002 – 8 W 380/2002 -
20.06.2002
Beweislast
Behandlungsfehler und Schmerzensgeld
1.
Sofern die Behandlungsseite, die für einen groben
(schadensgeeigneten) Behandlungsfehler einstehen muss, eine
Vorschädigung des Patienten behauptet, muss sie diese und
deren Umfang beweisen.
2.
Als Ausgleich für durch einen groben Behandlungsfehler
verursachte schwerste körperliche und geistige Geburtsschäden
ist ein Schmerzensgeld von 350.000,00 € angemessen.
3.
Soweit in Folge des Behandlungsfehlers die Empfindungs- und
Erlebnisfähigkeit des Geschädigten eingeschränkt ist, führt
dies nicht per se zu einer Kürzung des Schmerzensgeldes.
Vielmehr ist die Einbuße der Persönlichkeit schon für sich
ein auszugleichender immaterieller Schaden.
Urteil
des OLG München vom 20.06.2002 – 1 U 3930/96 -
18.06.2002
Unterhalt
nach unterbliebenen Schwangerschaftsabbruch
Zu
den Voraussetzungen, unter denen das auf einem ärztlichen
Behandlungsfehler beruhende Unterbleiben eines nach den Grundsätzen
der medizinischen Indikation gemäß § 218a Abs. 2 StGB
rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs die Pflicht des Arztes
auslösen kann, den Eltern den Unterhaltsaufwand für ein Kind
zu ersetzen, das mit schweren Behinderungen zur Welt kam.
Urteil
des BGH vom 18.06.2002 – VI ZR 136/01 -
18.06.2002
Entziehung
der Approbation als Zahnarzt
Die
Entziehung der zahnärztlichen Approbation wegen Berufsunwürdigkeit
setzt voraus, dass der Zahnarzt sich eines schwerwiegenden
Fehlverhaltens schuldig gemacht hat. Eine Straftat gegen die
sexuelle Selbstbestimmung eines Kindes kann diese
Vorraussetzung erfüllen, und zwar auch dann, wenn das
Strafgericht der Tat singulärsituativen Charakter beigemessen
und die zweijährige Freiheitsstrafe deshalb zur Bewährung
ausgesetzt hat.
Urteil
des OVG Bremen vom 18.06.2002 – 1 A 216/01 -
11.06.2002
Traumatisches
Erlebnis und Behandlungsfehler
Auch
wenn eine Schädigung nur durch ein traumatisches Ereignis im
Geburtsverlauf plausibel erklärbar ist, kann daraus nicht auf
einen Behandlungsfehler geschlossen werden, wenn nach
medizinischen Fallschilderungen die Möglichkeit einer
unklaren, bisher nicht auf einen Behandlungsfehler zurückzuführenden
Entstehung einer derartigen Schädigung besteht.
Urteil
des OLG Stuttgart vom 11.06.2002 – 14 U 93/01 -
26.04.2002
Elterliche
Sorge und Persönlichkeitsrecht
1.
Wer ein gesetzliches Verfahren (hier: die Einschränkung der
elterlichen Sorge für ein Kind) redlich, gutgläubig und ohne
Aufstellung bewusst falscher oder leichtfertig unwahrer
Behauptungen einleitet (hier: durch Einreichung einer fachärztlichen
Stellungnahme beim Stadtjugendamt), handelt nicht
rechtswidrig.
2.
Ein in berechtigter Sorge um das Wohl des Kindes ohne
kommerzielle oder zweifelhafte private Beweggründe geäußertes
Unwerturteil im Hinblick auf die Person der Mutter, das nur
Personen zugänglich gemacht wird, die beruflich zur
Verschwiegenheit und zur Bewertung im Rahmen eines rechtlich
geordneten Verfahrens verpflichtet sind, vermag keine Entschädigungsansprüche
unter dem Gesichtspunkt einer schwerwiegenden Verletzung des
Persönlichkeitsrechts der Mutter auszulösen.
Beschluss
des OLG München vom 26.04.2002 – 1 W 1116/02 -
24.04.2002
Haftung
für die Behandlung in so genannten Geburtshaus
1.
Der Behandlungsvertrag der Patientin mit dem die
Schwangerschaft betreuenden Gynäkologen besteht auch dann
fort, wenn sich die Patientin in ein sogenanntes Geburtshaus
begibt und der Gynäkologe die Behandlung dort fortsetzt.
2.
Die Beweislast dafür, dass dem Patienten der ärztliche Rat
zur standardgemäßen Behandlung/Operation erteilt und der
Patient diesen Rat nicht befolgt hat, trägt der Arzt.
Urteil
des OLG Hamm
vom 24.04.2002 -
3 U 8/01 -
26.02.2002
Indikation
einer Wehenhemmung
1.
Bei einem vorzeitigen Blasensprung in der 32.
Schwangerschaftswoche ist eine medikamentöse Wehehemmung
indiziert.
2.
Vor der Gabe eines Tokolytikums muss nicht eine mögliche Schädigung
des Kindes durch das wehenhemmende Mittel aufgeklärt werden,
wenn in der Medizin die Schädigungsmöglichkeit zwar
diskutiert wurde, aber eine nachteilige Wirkung des
Medikaments in der medizinischen Wissenschaft nicht ernstlich
in Betracht gezogen wird.
Urteil
des OLG Stuttgart vom
26.02.2002
- 14 U 47/01
-
16.01.2002
Schmerzensgeld
bei schwerster Schädigung
Für
die denkbar schwerste Schädigung, die zu einer weitgehenden
Zerstörung der Persönlichkeit, der Wahrnehmungs- und
Empfindungsfähigkeit führt und dem Geschädigten jede Möglichkeit
einer körperlichen und geistigen Entwicklung nimmt, kann ein
Schmerzensgeld von 500.000,00 EUR gerechtfertigt sein.
Urteil
des OLG Hamm vom 16.01.2002 – 3 U 156/00 -
10.01.2002
Medikamentöse
Unterbringung der Wehentätigkeit bei Schulterdystokie
1.
Bereits im Jahre 1994 war durch zahlreiche Veröffentlichungen
in den maßgebenden Zeitschriften allgemein bekannt, dass bei
einer plötzlichen Schulterdystokie zunächst die Wehentätigkeit
medikamentös zu unterbinden und eine großzügige Episiotomie
anzulegen ist; anschließend muss der Versuch unternommen
werden, die im Becken verkeilte kindliche Schulter durch
mehrfaches beugen und strecken der mütterlichen Beine, durch
Druck oberhalb der Symphyse oder durch eine intravaginale
Rotation zu lösen.
2.
Begnügt sich ein ärztlicher Geburtshelfer bei einer
Schulterdystokie damit, ein wehenförderndes Medikament zu
verabreichen und die Entbindung durch einen massiven Einsatz
des Kristeller-Handgriffs zu beschleunigen, ist sein Vorgehen
auch unter Berücksichtigung der Bedrohlichkeit der Situation
als grob fehlerhaft einzustufen. Eine solche Einschätzung
kommt selbst dann in Betracht, wenn die schwangere Patientin
es an der wünschenswerten Kooperation fehlen lässt; ihr
Widerstand ist nämlich regelmäßig durch Anlage eines
Querbetts und durch Unterbindung der schmerzhaften Wehentätigkeit
zu überwinden.
Urteil
des OLG Düsseldorf
vom 10.01.2002 -
8 U 49/01 -
28.11.2001
Schmerzensgeld
und Prozessverhalten
1.
Zur Bemessung des Schmerzensgeldes bei einem Geburtsschaden
(hier: 500.000,00 DM Kapitalbetrag und 600,00 DM
monatliche Geldrente).
2.
Ein völlig uneinsichtiges vorgerichtliches und prozessuales
Verhalten des Schadensersatzpflichtigen (bzw. der ihn
vertretenden Versicherung) kann eine signifikante Erhöhung
des Schmerzensgeld-Kapitalbetrages rechtfertigen.
Urteil
des OLG Naumburg vom 28.11.2001 – 1 U 161/99 -
23.08.2001
Nach
Entbindungsfehler schwerbehindert – Anspruch auf
Schadensersatz von bis zu 500.000 DM
Ein
seit der Geburt schwerbehindertes Kind kann einen Anspruch auf
bis zu 500.000 DM gegen das Krankenhaus haben, wenn diesem bei
der Entbindung ein Fehler unterlaufen ist.
In
dem verhandelten Fall war bei der Entbindung im Juni 1995 in
einer Aachener Privatklinik war den Ärzten und der anwesenden
Hebamme ein Behandlungsfehler unterlaufen. Während der Geburt
war ein möglicherweise durch zu starke Wehen verursachtes
Sauerstoffproblem bei dem Baby im Mutterleib aufgetreten. Die
Notlage des Kindes war aber nicht rechtzeitig erkannt worden.
Die Mutter war trotz Risikoschwangerschaft nicht
kontinuierlich an ein Herzton-Wehen-Überwachungsgerät
angeschlossen gewesen. Ihr Kind war leblos zur Welt gekommen
und hatte wiederbelebt werden müssen. Der heute sechs Jahre
alte Junge ist seither auf eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung
durch seine Mutter angewiesen.
Die
Richter des LG Aachen urteilten: Es handle sich vorliegend
eindeutig um einen Behandlungsfehler. Neben der halben Million
Mark Schmerzensgeld müssten die damals bei der Geburt
anwesende Hebamme und die beiden behandelnden Ärztinnen sowie
der Klinikinhaber für die bislang entstandenen und alle noch
aufkommenden Behandlungskosten aufkommen.
Urteil
des LG Aachen vom 23.08.2001 – 11 O 426/98 -
10.08.2001
Prozesskostenhilfe
im Arzthaftungsrecht
1.
Eine beabsichtigte Klage ist nicht deshalb mutwillig, weil der
Patient vor Klageerhebung die Gutachterkammer für ärztliche
Behandlungsfehler nicht angerufen hat.
2.
Der Umstand, dass die Gutachterkommission zur Offenlegung des
Verfahrens und der Gutachter verpflichtet ist, bietet dem
Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung
abzuweichen.
Beschluss
des OLG Hamm
vom 10.08.2001 -
3 W 18/01 -
13.06.2001
Anspruch
auf Schadensersatz von bis zu 500.000 DM
Ein
seit seiner Geburt schwerbehindertes Kind kann einen Anspruch
auf bis zu 500.000 Mark gegen das Krankenhaus haben, wenn
diesem bei der Entbindung ein Fehler unterlaufen ist. Während
der Geburt war ein möglicherweise durch zu starke Wehen
verursachtes Sauerstoffproblem bei dem Baby im Mutterleib
aufgetreten. Die Notlage des Kindes war aber nicht rechtzeitig
erkannt worden. Die Mutter war trotz Risikoschwangerschaft
nicht kontinuierlich an ein Herzton-Wehen-Überwachungsgerät
angeschlossen gewesen. Ihr Kind war leblos zur Welt gekommen
und hatte wiederbelebt werden müssen. Es handelt sich
vorliegend eindeutig um einen Behandlungsfehler.
Urteil
des LG Aachen vom 13.06.2001 – 11 O 426/98 -
16.05.2001
Haftung
des Trägers des Belegkrankenhauses
1.
Der Träger eines Belegkrankenhauses haftet nicht nur für Güte
und Fehlerfreiheit der Leistungen des zu Verfügung gestellten
Personals, die dieses für den Belegarzt erbringt, sondern
allein dafür, dass die von ihm gestellte Kraft für die
vorgesehene Tätigkeit geeignet ist.
2.
Die Haftung des Trägers eines Belegkrankenhauses für Fehler
der zur Verfügung gestellten Hebamme besteht nur so lange,
als die Hebamme eigenverantwortlich und ohne die Leistung des
Belegarztes tätig wird. Sie endet mit der Übernahme der
Behandlung durch den Belegarzt, als dessen Gehilfin gemäß § 278 BGB
bzw. § 831 BGB sie ab diesem Zeitpunkt tätig wird.
Urteil
des OLG Karlsruhe vom 16.05.2001 – 7 U 46/99 -
10.04.2001
Überwachung
eines Neugeborenen bei Versorgungsstörung
1.
Es entspricht ärztlichem Standard, ein Neugeborenes, das in
der Geburtsphase eine schwere neurologisch relevante
Versorgungsstörung durchgemacht hat, auch in der Folgezeit
engmaschig kinderärztlich zu überwachen.
2.
Unterläuft einem noch nicht ausreichend qualifizierten
Assistenzarzt ohne fachärztliche Aufsicht ein
Behandlungsfehler, so hat die Behandlungsseite die Vermutung
zu entkräften, dass sich die fehlende Qualifikation in der
Schädigung des Patienten ausgewirkt hat, ohne dass es
insoweit eines groben Versäumnisses bedarf.
Urteil
des OLG Oldenburg vom 10.04.2001 – 5 U 88/00 -
25.01.2001
Ärztliche
Überwachung während Schwangerschaft bei Nikotinmissbrauch
1.
Lässt sich etwa ab der 33. Schwangerschaftswoche kein
wesentliches Wachstum des Kindes im Mutterleib mehr
feststellen, erfordert die Schwangerenbetreuung durch den
Frauenarzt ein verstärktes Risiko-Management, insbesondere
zusätzliche Untersuchungen (z.B. Messungen des Schädel- und
des Thoraxdurchmessers, Kardiotokogramme unter Wehenbelastung,
häufigere Ultraschallmessungen).
2.
Vor allem bei Nikotin- und Alkoholmissbrauch während der
Schwangerschaft muss der Frauenarzt das Wachstum des Kindes ständig
im Auge behalten. Bei erkennbaren Entwicklungsstörungen muss
er gegebenenfalls Spezialisten hinzuziehen und z.B. die
Schwangere in ein Perinatalzentrum einweisen.
3.
Das Unterlassen derartiger Maßnahmen kann ein grober
Kunstfehler sein, der bei einem später festgestellten
kindlichen Hirnschaden (hinsichtlich des
Ursachenzusammenhangs) eine Beweislastumkehr zum Nachteil des
Frauenarztes zur Folge hat.
4.
Teilt eine Schwangere dem Frauenarzt telefonisch mit, sie habe
Blutungen, kann dies auf einen harmlosen Befund, aber z.B.
auch auf eine vorzeitige Plazentaablösung hindeuten. Deshalb
muss der Frauenarzt die Schwangere auffordern, sofort eine
klinische Untersuchung und Klärung des Befundes - in der
Praxis oder besser im Krankenhaus - vornehmen zu lassen.
Urteil
des OLG München
vom 25.01.2001 -
24 U 170/98 -
20.12.2000
Befunderhebung
Mehrerer
1.
Allein der Umstand, dass ein Patient, der sich bereits bei
einem anderen Arzt in Behandlung befindet, sich zur Einholung
einer zweiten Meinung in der Ambulanz eines Krankenhauses
vorstellt, führt nicht dazu, dass der im Krankenhaus tätige
Arzt nicht alle nach den Regeln der ärztlichen Kunst
erforderlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gesundheit
des Patienten ergreifen muss.
2.
Auch wenn die Fehleinschätzung eines erhobenen klinischen
Befundes möglicherweise nicht als grob fehlerhaft anzusehen
ist, es nicht ausgeschlossen, die davon zu unterscheidende
Nichterhebung weiterer Befunde als grob fehlerhaft anzusehen,
zumal dies ein besonderes Verschulden des behandelnden Arztes
nicht voraussetzt.
3.
Beweiserleichterung wegen des grob fehlerhaften Unterlassens
einer Befunderhebung kommen nicht in Betracht, wenn die
Erschwernisse bei der Aufklärung des Ursachenzusammenhangs
durch von dem Patienten selbst geschaffene Unklarheiten
wesentlich mitverursacht wurden, weil es dann an der die
Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten rechtfertigenden
Voraussetzung, dass der ärztliche Fehler die Aufklärung des
Ursachenzusammenhangs besonders erschwert hat, fehlt.
4.
Ein niedergelassener Arzt, der einen Patienten zur weiteren
Diagnostik in ein Krankenhaus überwiesen hat, kann die
Erkenntnisse der Klinik der Weiterbehandlung nicht ohne
weiteres zugrunde legen, wenn er aufgrund seiner Ausbildung,
Erfahrung und Kenntnisse Zweifel an deren Richtigkeit haben
muss.
Urteil
des OLG Karlsruhe vom 20.12.2000 – 7 U 123/98 -
14.12.2000
Aufzeichnung
kindlicher Herztöne
1.
Die Registrierung der kindlichen Herztöne über einen
Cardiotokographen kann durch eine ungewöhnliche Adipositas
der schwangeren Patientin und durch wehenbedingte Bewegungen
beeinträchtigt werden; die darauf beruhende Lückenhaftigkeit
der Aufzeichnung ist dem geburtshilflichen Personal nicht ohne
weiteres vorzuwerfen; es kann in einer solchen Situation aber
angebracht sein, die fetale Frequenz über eine
Kopfschwartenelektrode abzuleiten.
2.
Es ist nicht erforderlich, die Ursache einer kindlichen Schädigung
durch einen Pädiater abzuklären, wenn Ersatzansprüche
ausschließlich gegen das geburtshilfliche Personal gerichtet
werden und der mit der Beurteilung des Sachverhaltes befasste
Gynäkologe überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass die
geburtshilfliche Betreuung in jeder
Hinsicht einwandfrei war.
Urteil
des OLG Düsseldorf vom 14.12.2000 – 8 U 13/00 -
26.10.2000
Vermutung
der Vaterschaft bei Mehrverkehr
Wird
von der Mutter Mehrverkehr mit zwei Männern in der Empfängniszeit
eingeräumt, ist bei Weigerung des im Ausland wohnenden einen
Geschlechtspartners zu einer Blutentnahme keine hinreichende
Grundlage für die Vermutungswirkung des § 1600d Abs. 2 Satz
1 BGB gegeben, wenn der andere, ebenfalls im Ausland aufhältliche
Geschlechtspartner, vom Gericht nicht ermittelt werden kann.
Urteil
des OLG Karlsruhe
vom 26.10.2000
- 2 UF 256/99 -
19.09.2000
Haftung
von Ärzten und Hebammen als Erfüllungs- und
Verrichtungsgehilfen
1.
Der Arzt, der an Stelle des eine Geburt betreuenden
Belegarztes absprachegemäß die Geburt weiter leitet, ist als
Vertreter des Belegarztes dessen Erfüllungs- und
Verrichtungsgehilfe, auch wenn er selbst Belegarzt des
Krankenhauses ist.
2.
Die Hebamme ist nach der Übernahme der Geburtsleitung durch
den Arzt Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfin des
Belegarztes, zu dem die Gebärende vertragliche Beziehungen
hat, auch wenn ein anderer Belegarzt als dessen Vertreter tatsächlich
tätig ist.
Urteil
des OLG Stuttgart
vom 19.09.2000 -
14 U 65/99 -
22.08.2000
Indikation
zur Vornahme eines Kaiserschnitts
1.
Die digitale interne Austastung des mütterlichen Beckens gehört
zum Umfang der vorgeburtlich geschuldeten Diagnostik. Auf die
äußeren Beckenmaße kommt es in diesem Zusammenhang nicht
an.
2.
Bei einer unterlassenen internen Austastung haftet der Arzt
nicht, wenn kein relatives Missverhältnis zwischen knöchernem
Becken der Mutter und dem Kopf des Kindes besteht.
Urteil
des OLG Stuttgart
vom 22.08.2000 -
14 U 17/99 -
26.07.2000
Zur
Haftung von Belegarzt, Hebamme und Belegkrankenhaus im Rahmen
der Geburtshilfe
1.
Das noch nicht geborene Kind ist in den Schutzbereich
der Behandlungsverträge zwischen Mutter, Belegarzt und
Belegkrankenhaus einbezogen. Es kann bei Vertragsverletzungen
Schadensersatzansprüche im eigenen Namen geltend machen.
2.
Nach Übernahme der Geburtseinleitung, -durchführung durch
den Belegarzt (Frauenarzt) wird das hierfür eingesetzte Krankenhauspersonal
(Hebamme) für diesen als Erfüllungsgehilfen tätig. Das
Belegkrankenhaus haftet – vertraglich – insoweit
nicht für deren Fehlverhalten.
Urteil
des OLG Koblenz vom 26.07.2000 – 1 U 1606/98 -
03.02.2000
Diskriminierung
schwangerer Arbeitnehmerin
Art.
2 Abs. 2 und 3 Richtlinie 76/207/EWG des Rats vom 09.02.1976
zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern
und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur
Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf
die Arbeitsbedingungen verbietet es, eine Schwangere deshalb
nicht auf eine unbefristete Stelle einzustellen, weil sie für
die Dauer der Schwangerschaft wegen eines auf ihrem Zustand
folgenden gesetzlichen Beschäftigungsverbots auf dieser
Stelle von Anfang an nicht beschäftigt werden darf.
Urteil
des EuGH
vom 03.02.2000 -
Rs. C-207/98 -
25.01.2000
Lückenlose
Überwachung durch CTG
1.
Die Geburt eines unreifen Kindes war 1985 durch ein CTG
lückenlos zu überwachen, insbesondere wenn ein bereits von
einer Krankenschwester gefertigtes CTG Auffälligkeiten
aufwies. Das Abhören der Herztöne mit einem Sonycaid genügte
nicht.
2.
Wenn sich die Mutter wegen Frühgeburtsbestrebungen in ärztlicher
Behandlung in einer Klinik befindet und Wehen einsetzen, liegt
die Organisation der sachgerechten Behandlung in den Händen
des Arztes bzw. des Klinikträgers. Die Haftung für ein
Verschulden des Pflegepersonals trifft in diesem Fall den
Klinikträger und nicht eine Beleghebamme.
Urteil
des OLG Stuttgart vom 25.01.2000 – 14 U 78/98 -
11.01.2000
Sectio
bei Geburtsgewicht unter 4000 Gramm
1.
Bei einem zu erwartenden Geburtsgewicht unter 4000 g ist eine
primäre Sectio nicht indiziert, auch wenn es bei einer früheren
Geburt zu einer Claviculafraktur kam.
2.
Bei einem hohen Schultergeradstand ist ein stufenweißes
Vorgehen mit dem McRoberts-Manöver und danach dem Versuch
einer inneren Lösung angezeigt. Der Versuch einer äußeren Lösung
vor der inneren Lösung ist nicht behandlungsfehlerhaft.
3.
Unter der Aufsicht des Facharztes kann der Versuch einer äußeren
Lösung auch durch die Hebamme erfolgen.
4.
Wenn der Kopf des Kindes bei vollständigem Muttermund in
Beckenmitte steht, ist gegenüber einem Kaiserschnitt die
vaginal-operative Entbindung in der Regel vorzugswürdig. Eine
Aufklärung der Mutter über Möglichkeit eines Kaiserschnitts
ist dann nicht erforderlich.
Urteil
des OLG Stuttgart vom 11.01.2000 – 14 U 14/99 -
11.01.1999
Naturheilkundliche
Tätigkeit von Hebammen lediglich im Rahmen der Geburtshilfe
Hebammen
dürfen neben der Geburtshilfe keine selbständige Heilkunde
ausüben.
(Mit
dieser Begründung verbot das VG Koblenz einer Hebamme, in
ihrer "Naturheilpraxis" Untersuchungen und Behandlungen
von Patientinnen vorzunehmen, die über
Schwangerschaftsbeschwerden klagten. Hebammen dürften
heilkundliche Leistungen nur im Rahmen der Geburtshilfe, also
von Beginn der Wehen über die Hilfe bei der Geburt bis zur Überwachung
des sogenannten Wochenbettverlaufs, erbringen.)
Urteil
des VG Koblenz vom 11.01.1999 – 3 K 1947/98 -
21.05.1999
Leistungsberechnung
nach Hebammengebührenordnung
Die
Vergütung der Gebührenziffern 4 und 5 der Hebammengebührenordnung
vergütet nicht den Zeitaufwand, sondern die Leistung. Aus
diesem Grunde sind parallele Abrechnungen für denselben
Zeitraum möglich.
Urteil
des Sozialgericht Nürnberg vom 21.05.1999 – S 7 Kr 104/96 -
27.07.1998
Beleghebamme
muss ab Beginn der Geburt erreichbar sein
Eine
freiberufliche Beleghebamme ist dafür verantwortlich, dass im
Krankenhaus eine Organisation geschaffen wird, nach der sie
stets ab Beginn der Geburt erreichbar ist.
Urteil
des LG Heilbronn vom 27.07.1998 – 7 O 3.260/92 -
23.07.1998
Mitverantwortung
der Hebamme bei ärztlicher Fehlentscheidung
Eine
erfahrene Hebamme, die mit einer unerfahrenen Ärztin
zusammenarbeitet, ist auch für Fehlentscheidungen der Ärztin
mitverantwortlich, wenn sie diese nicht auf ihre
Fehlentscheidungen aufmerksam macht.
Urteil
des AG Demmin vom 23.07.1998 – Ds 65/96 -
08.07.1999
Grenzen
einer Schweigepflicht (hier: HIV-Erkrankung)
Die
Offenbarung eines Krankheitsbildes ist dann nicht
rechtswidrig, wenn dies zum Schutz eines höherrangigen
Rechtsgutes geschieht. Voraussetzung ist, dass das zu schützende
Rechtsgut das durch die Preisgabe des Geheimnisses beeinträchtigte
Rechtsgut wesentlich überwiegt.
OLG
Frankfurt a.M. vom 08.07.1999 - 8 U 67/99 -
19.05.1998
Hebammenhilfe
– nicht nur mechanisch-medizinische Hilfeleistung
1.
Hebammenhilfe erschöpft sich nicht in
mechanisch-medizinischer Hilfeleistung, sondern hat der
individuellen psychologischen Situation der Schwangeren
Rechnung zu tragen mit der folge, dass vielfach auch sehr
zeitaufwendige Behandlungsmaßnahmen erforderlich werden (hier
mit einem Rechnungsbetrag in Höhe von 5.555,00 DM verbunden).
2.
Beim Wegegeld ist im Grundsatz die kürzeste Wegstrecke zu
fahren, eine längere Wegstrecke kommt indessen dann in
Betracht, wenn mit ihr eine wesentliche Zeitersparnis
einhergeht.
Urteil
des SG Dortmund vom 19.05.1998 – S 8 Kr 88/94 -
13.05.1998
Gebührenbetrug
Zwei
Verurteilungen wegen Gebührenbetrugs rechtfertigen den
Widerruf der Berufserlaubnis als Hebamme.
Urteil
des VG Gelsenkirchen vom 13.05.1998 – 7 K 3987/95 -
10.07.1997
Sorgfaltspflichten
der Hebamme
Eine
Hebamme hat ihren Verdacht auf einen Herpes labialis bei dem
bei der Geburt anwesenden Vater dem bei der Geburt ebenfalls
anwesenden Arzt mitzuteilen.
Der
bloße Hinweis, das Kind dürfe mit dem vom Herpes befallenen
Mund des Vaters nicht in Berührung kommen, reicht nicht aus.
Urteil
des OLG Düsseldorf vom 10.07.1997 – 8 U 80/96 -
22.05.1996
Gebärende
im Entspannungsbad
Eine
Hebamme hat eine Gebärende, die sich im Entspannungsbad
befindet, engmaschig zu überwachen.
Urteil
des LG Heilbronn vom 22.05.1996 – 1b O 3078/94 -
23.01.1996
Behandlungsfehler
bei pathologischen CTGs
Eine
Hebamme muss bei einem als hochpathologisch einzustufenden CTG
den Arzt nicht nur benachrichtigen, sondern sein kommen auch
als "dringlichst" darstellen.
Urteil
des OLG Frankfurt vom 23.01.1996 – 22 U 226/94 -
16.01.1996
CTG-Überwachung
durch Hebammen
Es
gehört zu den Aufgaben einer Hebamme, ein Cardiotokogramm (CTG)
aufzuzeichnen und auch ein pathologisches CTG zu erkennen. Die
Entscheidung darüber, was bei einem solchen CTG zu
veranlassen ist, insbesondere die weitere Überwachung des
Geburtsfortschritts, obliegt hingegen dem Arzt.
Urteil
des OLG Oldenburg vom 16.01.1996 – 5 U 17/95 -
16.11.1995
Fototherapie
Einer
Hebamme steht ein Vergütungsanspruch nach den Nummern 24 und
25 des Gebührenverzeichnisses zu, wenn sie ärztlich
angeordnete Tag- und Nachtwachen zum Zwecke der Überwachung
der Fototherapie durchführt.
Urteil
des LSG NRW vom 16.11.1995 – L 16 Kr 77/94 -
08.11.1994
Schweigepflicht
und Supervision
Die
Offenbarung eines Geheimnisses (hier: ein sexuelles Verhältnis
zwischen einer Schutzbefohlenen und einem Heimleiter) gegenüber
einem selbst Schweigepflichtigen erfüllt den Tatbestand des
§ 203 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Urteil
des BayOLG vom 08.11.1994 – 2 St RR 157/94 –
22.09.1994
Bereitschaftsdienst
Für
die Frage der Zulässigkeit von Bereitschaftsdiensten und der
richtigen Zuordnung zu den einzelnen Stufen des BAT können
Aufzeichnungen über Arbeit während der
Bereitschaftsdienstzeiten geführt werden. Berücksichtigungsfähig
sind aber nur die Arbeitsleistungen während des
Bereitschaftsdienstes, die zur Versorgung der Patienten
notwendig sind. Dagegen sind Tätigkeiten, die während der
normalen Arbeitszeit abgeleistet werden können, nicht berücksichtigungsfähig.
Urteil
des LSG Nürnberg vom 22.09.1994 – 8 (3) Sa 188/92 -
12.01.1994
Sorgfaltspflichtverstoß
einer Hebamme
Auch
ein einmaliger Sorgfaltspflichtverstoß einer Hebamme, der zu
einer Geburt mit tödlichem Ausgang führt, berechtigt den
Krankenhausträger zur fristlosen Kündigung des
Belegvertrags.
Urteil
des LG Stralsund vom 12.01.1994 – 40 O 571/93 -
19.11.1993
Weisungsbefugnis
des Arztes und Verlegung in eine Kinderklinik
Die
Anordnung einer Verlegung in eine Kinderklinik muss von der
Hebamme überwacht werden.
Die
Hebamme hat sich zu vergewissern, ob der Anordnung des Arztes,
das Kind mittels Krankenwagen in die Kinderklinik zu verlegen,
von Seitens des Krankenhauspersonals Folge geleistet wurde.
Beim Ausbleiben des Krankenwagens hat sie den Arzt zu verständigen.
Versäumt sie dies, haftet sie für einen beim Kind infolge
der Zeitversäumnis eingetretenen Schaden.
Urteil
des OLG Karlsruhe vom 19.11.1993 – 7 U 95/89 -
10.05.1993
Leistungen
für Sozialhilfeempfängerinnen
Hebammenleistungen
iSd § 121 BSHG müssen vom Sozialamt genehmigt
werden.
Beschluss
des Verwaltungsgerichts Stade vom 10.05.1993
27.10.1992
Unterlassener
Scheiden-Damm-Schnitt schwerer Behandlungsfehler
Das
Unterlassen eines Scheiden-Damm-Schnittes bei einer
schwierigen Entwicklung des Rumpfes aufgrund eines übergroßen
Schultergürtels stellt einen schweren Behandlungsfehler dar,
wenn für das Unterlassen ein nachvollziehbarer Grund nicht
ersichtlich ist; es obliegt dann der Behandlungsseite
darzulegen und zu beweisen, das auch bei regelgerechter
Geburtshilfe die eingetretene Armlähmung entstanden wäre.
Urteil
des OLG Oldenburg vom 27.10.1992 – 5 U 63/92 -
16.09.1992
Unzureichende
personelle Besetzung einer Krankenhausstation
Es
stellt ein Organisationsverschulden dar, wenn eine
Krankenhausstation unzureichend personell besetzt ist. Urteil
des OLG Hamm vom 16.09.1992 – 3 U 283/91 -
20.08.1992
Pflichten
des Trägers eines Belegkrankenhauses
1.
Stehen in einem Krankenhaus lediglich zwei Nachtschwestern für
88 Betten in 3 Abteilungen zur Verfügung, dann verstößt der
Träger des Krankenhauses gegen seine Pflicht, in
ausreichendem Maße fachkundiges, nichtärztliches Personal
bereitzustellen.
2.
Bei einem Belegkrankenhaus ist der Krankenhausträger
verantwortlich dafür, dass alle organisatorischen Maßnahmen
im pflegerischen Bereich getroffen werden, um die ärztliche
Versorgung der Patienten auch in seinen Belegarztabteilung
sicherzustellen. Er muss erforderlichenfalls auf den Belegarzt
einwirken, dass dieser dem Pflegepersonal ausreichende
Anweisungen gibt.
3.
Steht ein Anästhesist ab telefonischer Anforderung erst nach
Ablauf von 20 bis 25 Minuten zur Verfügung, so entspricht
dies nicht dem medizinischen Soll-Standard.
Urteil
des OLG Stuttgart vom 20.08.1992 – 14 U 3/92 -
11.06.1992
Vergütung
eines Zahnarztes bei Nichterscheinen des Patienten zum
vereinbarten Termin
1.
Ein Patient gerät in Annahmeverzug, wenn er nach Vereinbarung
eines Behandlungstermins mit genau festgelegter
Behandlungszeit zum Termin nicht erscheint. Der Patient hat in
diesem Fall grundsätzlich gemäß §§ 611, 615 BGB die
übliche Vergütung - abzüglich ersparter Aufwendungen und
anderweitiger Einnahmen des Arztes - zu entrichten.
2.
Die Vergütungspflicht besteht nicht, wenn der Patient den
Arztvertrag gemäß § 627 Abs. 1 BGB gekündigt hat. Diese
Kündigung ist jederzeit möglich; die Beschränkung des §
627 Abs. 2 BGB gelten nicht entsprechend für die Kündigung
durch den Dienstberechtigten (Patienten). Der vertragliche
Ausschluss des Kündigungsrechts ist nur im Wege einer
Individualvereinbarung möglich.
3.
Die Erklärung des Patienten, er werde den Arzt wechseln, ist
als Kündigung des Arztvertrages anzusehen.
Urteil
des AG Dortmund vom 11.06.1992 - 125 C 5112/92 -
04.06.1992
Rentenversicherungspflicht
freiberuflich tätiger Hebammen
Freiberuflich
tätige Hebammen sind auch dann rentenversicherungspflichtig,
wenn sie Angestellte haben.
Urteil
des SozG Kiel vom 04.06.1992 - S 5 An 80/91 -
24.06.1991
Betreuungspflichten
einer Hebamme
1.
Die Schwangerschaft stellt, wenn sie normal verläuft, keinen
Unglücksfall im Sinne des § 323c StGB dar.
2.
Eine Hebamme, die ihrer Betreuungspflicht der Schwangeren
gegenüber nicht nachkommt und dadurch zusätzlich Schmerzen
der Schwangeren verursacht, macht sich der fahrlässigen Körperverletzung
schuldig, wenn sie diese voraussehen konnte.
Beschluss
des OLG Düsseldorf vom 24.06.1991 – 5 Ss 206/91 -
06.04.1990
Haftung
der Hebamme für Ausführung fehlerhafter Anordnungen
1.
Die Anordnung einer frühzeitigen Blasensprengung mit
gleichzeitiger Wehenmittelgabe stellt zumindest dann einen
Verstoß gegen die Regeln der ärztlichen Kunst dar, wenn ein
CTG-Gerät zur Herztonüberwachung wegen eines Defekts nicht
zur Verfügung steht.
2.
Trifft der Arzt telefonisch Anordnungen, die gegen die Regeln
der ärztlichen Kunst verstoßen, dann darf die
Kreißsaalhebamme diese Anordnungen nicht befolgen. Sie ist
vielmehr verpflichtet, dem Arzt einen entsprechenden Vorhalt
zu machen.
3.
Führt sie die Weisungen ohne entsprechenden Vorhalt aus, so
haftet sie für einen daraus entstehenden Schaden zusammen mit
dem Arzt.
Urteil
des OLG Frankfurt vom 06.04.1990 - 24 U 18/89 -
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